: Linke Grüne wollen neue Mehrheiten erobern
Sozial- und Außenpolitik, Globalisierungskritik und Anti-Atom-Widerstand: Mit einem Kongress in Bonn wollen linke Grüne verstärkt kampagnenfähig werden – und die Zusammenarbeit mit außerparlamentarischen Gruppen stärken
DÜSSELDORF/BONN taz ■ Die grüne Linke stellt sich neu auf. Auf dem Kongress „für eine soziale und ökologische Erneuerung“ heute und morgen in Bonn werde „wirklich inhaltlich diskutiert“, verspricht Mitorganisatorin Beate Bänsch-Baltruschat. „Uns interessiert, was die Basis denkt – nicht nur, was die Presse schreibt“, sagt die Vorstandssprecherin des grünen Kreisverbands Bonn.
Die Sozialpolitik wird den Kongress, zu dem Grüne aus Aachen, Bonn, Daun, Dortmund, Lippe, Löbau-Zittau Münster und Soest bundesweit eingeladen haben, dominieren. Darüber hinaus sollen aber auch die Militarisierung der Außenpolitik, Globalisierungskritik und der Widerstand gegen die weitere Nutzung der Atomenergie auf der Agenda stehen. In Bonn mitdiskutieren werden deshalb auch Vertreterinnen und Vertreter von außerparlamentarischen Gruppen wie Kerstin Sack von Attac oder Francis Althoff von der Anti-Atom-Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg.
Der „grüne Ratschlag“ genannte Kongress soll das linke Profil der Partei schärfen: „Die Grünen müssen sich neu organisieren, neu aufstellen“, mahnt etwa Rüdiger Sagel, linker grüner Landtagsabgeordneter aus Münster. „Gerade jetzt, wo wir wieder überall in der Opposition sind, muss die Partei ihren künftigen Kurs neu abstecken“, betont Sagel – und macht klar, dass er den Realo-Flügel der Partei für den Verlust der Macht in Bund und Land verantwortlich macht: „Unsere Wählerschaft wünscht sich mehrheitlich ein linkes Profil, keine Annäherung an die CDU.“
Gerade vor dem Hintergrund der großen Koalition im Bund sei die Vernetzung mit außerparlamentarischen Gruppen wichtig, sagt auch Markus Kurth, sozialpolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion aus Dortmund. „Im Parlament gibt es nur drei kleine Oppositionsparteien – da müssen wir gemeinsam mit Attac oder den Umweltorganisationen kampagnenfähig werden.“ Konkret könnten etwa Forderungen zur Zukunft der Erwerbsarbeit in die Partei getragen werden, sagt Kurth: „Wir müssen weg von der Trennung des ersten und zweiten Arbeitsmarkts. Bisher haben wir den Vollbeschäftigungs-Trip unseres Koalitionspartners SPD voll mitgemacht – dabei weiß jeder, dass wir nie wieder Vollbeschäftigung haben werden.“
Auch der Realo-Flügel zeigt sich in Zeiten der Opposition aufgeschlossen. „Wir diskutieren seit 20 Jahren über eine Grundsicherung – müssen aber auch klären, wie und in welcher Höhe die finanziert werden soll“, so Johannes Remmel, parlamentarischer Geschäftsführer der Düsseldorfer Landtagsfraktion. Eine Schwächung der Grünen durch mangelnde linke Inhalte aber sieht Remmel nicht: „Wir haben mindestens so viele Stimmen an SPD, CDU und FDP verloren wie an die Linkspartei.“
ANDREAS WYPUTTA