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Archiv-Artikel

Mehr und schöner baden gehen

Bäderland-Chef Klauspeter Schelm im taz-Interview über die Schließung des Bismarckbades am Bahnhof Altona und seine Pläne für eine attraktivere Badelandschaft an der Holstenstraße. Aufsichtsrat entscheidet am 16. Dezember über Investitionen

„Das Bismarckbad hat für sein Einzugsgebiet eine extrem niedrige Besucherzahl“„Wir setzen auf Gäste, die über das neue Bad überhaupt erst zu Kunden werden“

Interview:Gernot Knödler

taz: Herr Schelm, 30.000 Altonaer habe sich dafür ausgesprochen, das Bismarckbad zu erhalten. Warum wollen Sie es dennoch abreißen?

Klauspeter Schelm: Das Bad hat für das Einzugsgebiet und seine Größe eine extrem niedrige Besucherzahl. Es waren einmal 300.000, jetzt sind es 190.000. Alle Bemühungen, die Substanz zu verbessern, haben nichts genützt. Es gibt nur eine geringe Anzahl regelmäßiger Gäste, gut 10.000. Das ist ein Drittel der Anzahl, die für die Erhaltung des Bades gestimmt hat. Wir können uns nicht auf Dauer an dieser kleinen Gruppe orientieren, sondern müssen in Altona ein Bad haben, das wesentlich mehr Gäste anzieht, als das Bismarckbad das kann und Zukunftsansprüchen gerecht wird. Im Übrigen ist das Bad keineswegs denkmalwürdig: Der vordere Teil wurde nach Bombenschäden komplett erneuert und der hintere teilweise verändert, auch wenn das Gewölbe erhalten blieb.

Trotzdem hat es noch immer den Charakter einer Badeanstalt aus der Kaiserzeit. Könnten Sie es nicht gezielt zu einem Nostalgiebad umbauen?

Wir haben das im Holthusenbad gemacht, das noch im Original so dasteht, wie es in den 20er Jahren geplant worden ist. Beim ältesten Bad in Hamburg, dem Kaifu, haben wir ebenfalls anders entschieden. Wir werden Geld in die Hand nehmen, um dessen Qualitäten sichtbar zu machen.

Was hindert Sie, beim Bismarckbad so zu verfahren?

Das Bismarckbad ist ein Monster, was die betrieblichen Abläufe und Kosten angeht. Wir haben hier enorm hohe Verluste. Nur bei der Alster-Schwimmhalle sind die Kosten höher, aber dort verteilen sie sich auf eine weitaus größere Zahl von Gästen, so dass der Zuschuss pro Kopf niedriger ausfällt. Das Bismarckbad zieht sich über mehrere Halbetagen und ist so unübersichtlich, dass sich mancher aus Versehen in den Saunabereich verläuft. Wir haben einen riesigen Personalaufwand, um das alles vernünftig beaufsichtigen zu können. Außerdem hat das Bismarckbad nur zwei Becken, mit denen sich wenig anfangen lässt, weil sie nicht den üblichen Maßen entsprechen, und die mit zusammen 400 Quadratmetern für ein Stadtteilbad viel zu klein sind. In unserem Badneubau in Bergedorf haben wir 950 Quadratmeter Wasserfläche.

Im neuen Bad an der Holstenstraße werden es mindestens ebenso viele sein. Wir planen drei 25-Meter-Becken, eines davon als ganzjährig nutzbares Außenbecken, eine Riesen-Kinderbadelandschaft, wie es sie in Hamburg noch nicht gibt, eine Sauna und eine Tiefgarage. Ich verstehe gar nicht, wie man sich dagegen entscheiden kann.

Viele Leute haben offenbar nicht gewusst, ob sie diesem Versprechen trauen können ...

Das bezieht sich wohl mehr auf das Gesamtprojekt mit Wohnungsbau und Schulneubau. Wir hätten unser Projekt lieber isoliert präsentiert, losgelöst von den übrigen geplanten Maßnahmen, die ebenfalls versprochen wurden. Jedenfalls werden wir im Sommer ein geräumtes Grundstück haben und noch 2006 anfangen zu bauen. Das Projekt steht bereits in unserem Investitionsplan. In der Sitzung unseres Aufsichtsrates am 16. Dezember soll es freigeschaltet werden. Wir meinen das ernst.

Wie kann es sein, dass ein kompletter Neubau billiger ist als die Sanierung des Altbaus?

Der Neubau ist nicht billiger als die Alternative, das alte Bad komplett zu entkernen. Das hätte aber ebenfalls eine zweistellige Millionensumme gekostet – allerdings, ohne dass wir dafür eine Gegenfinanzierung gehabt hätten, die der Verkauf des Bismarckbad-Grundstücks sicherstellt. Der Neubau ermöglicht zudem eine Ausstattung, die wir ins Bismarckbad nicht einbauen könnten. Im neuen Bad werden wir mit ungefähr dem gleichen Personal eine viel größere Anlage und viel mehr Gäste betreuen.

Das neue Bad liegt aber viel ungünstiger als das Bismarckbad direkt am Bahnhof Altona.

Wir haben Untersuchungen darüber, dass allgemein rund die Hälfte aller Badegäste mit dem Auto anreist. Im Bismarckbad sind es weniger, weil die Anfahrt und die Parkmöglichkeiten problematisch sind, aber der Bahnhof ist nicht entscheidend. Stellen Sie sich eine Familie vor, die mit Sack und Pack zum Baden will. Die kommt nicht mit dem Fahrrad oder der Bahn. Das neue Bad wird direkt am Ring 2 liegen. Der Bus wird vor der Tür halten und die nächsten Schnellbahnstationen Holstenstraße und Reeperbahn liegen nur 800 und 1.000 Meter entfernt.

Befürchten Sie nicht, dass ein Bad, das viel mehr Besucher anzöge, dies zu Lasten etwa des St. Pauli-Bades tun würde?

Das Bad am Millerntor wird fast ausschließlich von Vereinen und Schulen belegt. Kannibalisierungseffekte kann man zwar nie ausschließen, aber wir setzen auf Gäste, die das Bismarckbad bisher nicht attraktiv fanden und über das neue Bad überhaupt erst zu Kunden werden.