piwik no script img

Archiv-Artikel

Kuppel statt Karton

SPENDER FÜRS SCHLOSS

Das ist natürlich der Idealfall: ein Spender, der Geld gibt, aber keine Bedingungen stellt

Es wäre ein Graus gewesen: ein Humboldt-Forum – das jenseits der offiziellen Reden und Hochglanzbroschüren alle „Schloss“ nennen werden – ohne Kuppel? Ein rechteckiger Kasten, ein Schuhkarton aus Beton als Ergebnis des jahrelangen Streits um den Wiederaufbau der Hohenzollernresidenz? Dazu wird es nicht kommen – und das ist einem anonymen Spender zu verdanken, der bis zu 9 Millionen für die Kuppel zur Verfügung gestellt haben soll.

Zwar hätte es wohl auch ohne diesen Mann oder diese Frau keinen Schuhkarton gegeben – in Ermangelung von Spenden wäre am Ende der Staat eingesprungen. Aber braucht es deswegen kein privates Engagement? Doch, natürlich. Denn jeder Euro, den Land oder Bund über die schon vereinbarten, horrenden Baukosten von fast 600 Millionen Euro hinaus zuschießen müssten, fehlt an anderer Stelle: in der Besteckschublade der Kita, am Klettergerüst auf dem Spielplatz, bei der Straßenreparatur.

Dieser Fall privaten Engagements ist natürlich der Idealfall: ein Spender, der Geld gibt, aber keine Bedingungen stellt, ja noch nicht einmal öffentlich genannt werden will. Das wird nicht immer so sein. In Potsdam etwa bot Software-Milliardär Hasso Plattner an, eine Kunsthalle im Stadtzentrum zu bauen. Allerdings wollte er vorgeben, dafür ein Hotel aus DDR-Zeiten abzureißen. Dagegen gab es Proteste, nun soll Plattners Halle an den Stadtrand ziehen.

In den USA ist es seit langem gängige Praxis, Gebäude oder Teile davon nach Spendern zu nennen, in New York etwa die beiden berühmten Konzertsäle Carnegie Hall und Avery Fisher Hall. Und in Boston ist die Widener-Bibliothek der Harvard-Universität nach einem mit der „Titanic“ untergegangenen Absolventen benannt, dessen Mutter Millionen für den Bau spendete.

Die Sache mit dem Namen bei einem öffentlichen oder zumindest öffentlich zugänglichen Bauwerk ist freilich ein schmaler Grat. Dortmunder BVB-Fans etwa ist es ein Graus, dass ihr Westfalenstadion seit 2005 offiziell nach einem Versicherungsunternehmen heißt. Andererseits gäbe es vielleicht heute ohne den Verkauf der Namensrechte den damals vor dem Konkurs stehenden und aktuell wieder so erfolgreichen Verein gar nicht mehr.

Und ehrlich gesagt: Einen Schloss-Karton zu verhindern wäre auch ein kleines Zugeständnis wert gewesen. Dafür hätte ein einzelner Raum im Gegenzug ruhig „Müller-Meier-Schulze-Saal“ heißen können. STEFAN ALBERTI