LESERINNENBRIEFE
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Selbstverständlich männlich

■ betr.: „Der Maschinenmensch“, taz vom 25. 3. 13

Die Proteste gegen die Repräsentation des Menschen als Mann sind mindestens so alt wie die taz selber. Es ist aber scheinbar noch so, dass der zukünftig technisch erweiterte Mensch selbstverständlich männlich ist.

Wäre es so schwer gewesen, einer Frau das Auge einzusetzen, heißt es in der Titelzeile doch „Der Maschinenmensch“? Zumindest bei der taz hätte ich die Vermeidung der Assoziation Mann gleich Fortschritt/Technik erwartet. BENJAMIN DURING, Berlin

Nur von Frauen gepflegt

■ betr.: „Vermiedene Erinnerung“ von M. Hauser, taz vom 23. 3. 13

Gerade auch für diese alten, traumatisierten Frauen haben wir vor 18 Jahren unseren ambulanten Pflegedienst „Frauen pflegen Frauen“ in Heidelberg gegründet. Bei uns können Frauen, die sexualisierte Gewalt erleben mussten, sicher sein, dass sie nur von Frauen gepflegt werden. CLAUDIA KÖBER, Heidelberg

Vergewaltiger und Befreier

■ betr.: „Nach allem, was geschehen war“, taz vom 23. 3. 13

Es ist unklar, ob Micha Brumlik Atina Grossmanns Buch „Juden, Deutsche, Alliierte. Begegnungen im besetzten Deutschland“ nur referiert oder ob er der Beschreibung selbst eine Portion Demagogie und Geschichtsklitterung beigemischt hat. Die Rote Armee war natürlich eine „Soldateska“, und die Zahl der von ihr vergewaltigten deutschen Frauen und Mädchen misst, so Brumlik, gar nach „Millionen“. Diese einseitige Darstellungsweise folgt der jahrzehntelang propagierten Legende, dass die Russen als Vergewaltiger, die Amerikaner aber nur als Befreier gekommen seien…

Unstrittig ist, dass es durch die sowjetischen Streitkräfte zu massenhaften Vergewaltigungen kam. Allein in Berlin wird deren Zahl auf bis zu 100.000 geschätzt, für die gesamte sowjetische Besatzungszone geht man heute von bis zu 500.000 aus. Die sowjetische Militäradministration, auch das gehört zur Wahrheit, stellte Vergewaltigungen schließlich unter Strafe.

Doch auch in den westlichen Besatzungszonen kam es zu zahllosen Vergewaltigungen, was noch immer weitgehend tabuisiert wird. So wurden in Tübingen binnen weniger Tage Hunderte Frauen durch französische Truppen vergewaltigt. Auch in Stuttgart kam es zu massenhaften Übergriffen, bis selbst die amerikanische Militärführung dagegen einschritt. Im Mai 1945 wurden in Bad Reichenhall mehr als 200 Frauen durch Franzosen vergewaltigt. Schätzungen für die amerikanische Zone belaufen sich auf etwa 15.000.

Es kann nicht darum gehen, die Grausamkeiten kleinzureden, die deutsche Frauen durch die Rote Armee erlitten. Doch die Schilderung der von den Besatzungstruppen verübten gewalttätigen Übergriffe auf die Zivilbevölkerung auf die sowjetische „Soldateska“ zu reduzieren, ist unseriös und verlogen. PETER MICHEL, Ravensburg

Muss ich mich fürchten?

■ betr.: „Die Menschen wollen Heilige“, taz vom 23. 3. 13

Es hätte mich schon brennend interessiert, warum sich Herr Kretschmann vor Frau Ditfurth, wie angekündigt, so fürchten muss. Vor allem, nachdem er in einer Fernsehreportage über „30 Jahre Grüne im Bundestag“ mit bebenden Lippen und bebender Stimme vor der doch aus seiner Sicht politisch sehr unbedeutenden Frau Ditfurth sehr eindringlich gewarnt hat. Das Warum fehlte damals schon … und nun im Interview mit der taz erneut.

Steht eine Ditfurth’sche Machtergreifung bevor? Hab ich da was verpasst? Muss ich mich nun auch fürchten?

KLAUS HELMER, Braunsbach

Es gibt Gesprächsbedarf

■ betr.: „Die Werbepause. Tugendwächter“, taz vom 22. 3. 13

Die Kritik an dem neuen Edeka-Plakat: „Lina liebt süße Küsse“, die durch den Kommentar von Nosliw auf seiner facebook-Seite angestoßen wurde, beschreibt Daniel Blum als „zwanghafter Political Correctness“. Er geht den kritischen Argumenten zwar nach und nennt Assoziationen um das N-Wort, spricht aber anderen die Berechtigung ab, sich darüber zu ärgern.

Die von ihm genannte „Betroffenheit“ als individuelles oder persönliches Problem ist zu kurz gedacht. Das Ganze steht doch vor einem größeren Kontext: Wie oft und wann sehen wir Schwarze oder people of color auf Werbeplakaten? Bestimmt häufig bei Charity-Kampagnen mit kleinen Kindern, großen Augen und Reisschalen oder kalten alkoholischen Getränken für besonders heiße Tage. Aber wie viele solcher Gesichter sind in einer Feinwaschmittelwerbung oder bei Hilfe gegen Fußpilz zu sehen? In einer breiten Masse von schwarzen Gesichtern als Werbeträgern würden diese vielleicht nicht auffallen. Hier und heute tun sie es aber doch.

Nosliws Kritik und die dann folgende Diskussion zeigen einmal mehr, wie viel Gesprächsbedarf es darum gibt. Aber warum fühlt Blum sich davon so angegriffen? Wer ist denn hier der Tugendwächter? Er spricht von „Spielverderbern“. Das sind für mich genau diejenigen, die heute noch in einer Welt leben, die Kritik und Nachfragen über Bilder und Sehgewohnheiten im Alltag nicht vertragen können und sich in der zwanghaften Pflicht sehen, wie er sagt: „essende Schwarze“ und „kochende Frauen“ zu verteidigen.

LAURA PAETAU, Berlin