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In Berlin und Brandenburg dürfen 17-Jährige künftig in Begleitung von Erwachsenen selbst fahren. Das wollen die beiden Landesregierungen heute beschließen. Nur der ADFC findet das nicht gut
VON PLUTONIA PLARRE
Was in anderen Bundesländern längst Usus ist, wird nun auch in Berlin und Brandenburg möglich: 17-Jährige dürfen in Begleitung eines Erwachsenen selbst Auto fahren. Auf einer gemeinsamen Kabinettssitzung wollen die beiden Landesregierungen dies heute beschließen.
Die entsprechende Verordnung soll am 1. Februar 2006 in Kraft treten. Das Modellprojekt „Begleitetes Fahren“ existiert seit mehreren Jahren. Als erstes Bundesland hat sich Niedersachsen beteiligt. Abgesehen von wenigen Ausnahmen machen inzwischen fast alle Bundesländer bei dem bis 2010 befristeten Versuch mit. Dann soll das begleitete Fahren endgültig per Gesetz festgeschrieben werden.
Konkret sieht das so aus, dass sich Jugendliche mit sechzehneinhalb zum Führerschein anmelden können. Die Fahrausbildung und Prüfung weicht nicht von den Anforderungen ab, die an 18-Jährige gestellt werden. Statt des Führerscheins bekommt der Jugendliche frühestens an seinem 17. Geburtstag eine Prüfungsbescheinigung ausgehändigt.
Auf diesem rosa Blatt Papier befindet sich eine Tabelle. Darin werden diejenigen Personen vermerkt, die fortan als Fahrtbegleiter in Frage kommen. Die Begleitperson muss mindestens 30 Jahre alt sein, seit mindestens 5 Jahren einen Führerschein besitzen und darf nicht mehr als drei Punkte in der Verkehrssünderkartei in Flensburg angesammelt haben.
„Mir fällt kaum ein Argument dagegen ein“, verweist Rainer Paetsch, beim Stab des Berliner Polizeipräsidenten zuständig für die Verkehrsüberwachung, auf die guten Erfahrungen aus Niedersachsen. „Die Zahlen sprechen für sich.“ Die niedersächsische Untersuchung hat ergeben, dass die Teilnehmer des Modellversuchs 40 Prozent weniger Unfälle bauten als die Vergleichsgruppe von Jugendlichen, die mit 18 Jahren ganz normal den Führerschein erwarb. Zudem fielen die Jüngeren mit 60 Prozent weniger Verkehrsordungswidrigkeiten auf als die Älteren.
Nach Angaben des Vorsitzenden des Berliner Fahrschullehrerverbandes, Peter Glowalla, melden sich in Berlin pro Jahr zurzeit rund 40.000 junge Leute für den Führerschein an. Die Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen gehört unter den Autofahrern zu der größten Risikogruppe. Die häufigsten Unfallursachen sind Abbiegeverstöße, Fahrbahnwechsel, Geschwindigkeitsüberschreitung, zu geringes Abstandhalten sowie Alkohol und Drogen am Steuer. In Berlin waren im vergangenen Jahr laut Polizei rund 21.000 junge Leute als Autofahrer in Verkehrsunfälle verwickelt. Gemessen am Anteil dieser Altersgruppe an der Bevölkerung sei diese bei Unfällen „eindeutig überproportional vertreten“; sagt Polizeihauptkommissar Paetsch.
Deutschlandweit kommen jährlich rund 1.700 junge Menschen ums Leben, so der Vorsitzende des Fahrschullehrerverbandes Glowalla. „Das ist jede Woche eine ganze Schulklasse.“ Entweder die jungen Leute hätten selbst am Steuer gesessen oder sie seien bei einem Fahranfänger mitgefahren. Besonders auf dem Land gebe es auf der Fahrt zur Disco immer wieder „klassische Wochenendunfälle“. Häufig würden die Fahrer nachts beim Überholen von der Fahrbahn abkommen. Die Kreuze an den Alleen zeugen davon.
Der Einzige, der dem begleiteten Fahren nichts abgewinnen kann, ist der Vorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) Benno Koch. Damit würden Jugendliche „ganz ohne Not“ animiert, ein Jahr früher auf das Auto umzusteigen statt umweltfreundlich Rad oder Bus und Bahn zu benutzen.