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Archiv-Artikel

KÄFIGHÜHNER MÜSSEN DRINNEN BLEIBEN Vogelgrippe weg – bis zum Frühjahr

Vogelgrippe? Stallzwang? Ab heute ist Schluss mit der Angst vor einer Grippewelle. Hühner, Gänse und Wachteln dürfen wieder an die frische Luft. Die Republik ist von gefährlichen Viren verschont geblieben. Dank dem Freilaufverbot? Nein. Zumindest lässt sich nicht feststellen, was die Netze und Dächer über den Hühnerköpfen gebracht haben. Vielleicht hatten wir auch nur Glück: Womöglich ist gar keine Killergans über Deutschland geflogen, die die Seuche aus Asien hätte einschleppen können. Wie sonst lässt sich erklären, dass bislang keine der Enten vergrippt ist, die sich noch auf den Teichen in den Stadtparks tummeln durften?

Nun ließe sich das Ausgehverbot für Hühner als blinder Aktionismus verurteilen. Nur ist Aktionismus das falsche Wort: Die meisten Hühner in Deutschland leben in Agrarfabriken. Ihnen ist das Dach jeden Tag näher, als ihnen lieb sein kann. Allenfalls zehn Prozent der Eierproduzenten kennen eine Wiese. Doch der Bauernverband konnte plötzlich so tun, als halte sich alles Federvieh im Freien auf. Das stimmt nur für Enten und Gänse. Die wurden aber zumeist geschlachtet, liegen längst im Kühllager und harren des Weihnachtsgeschäfts. Das Geschnatter um die Stallpflicht war immer übertrieben – und hat vor allem von der Käfighaltung abgelenkt.

Die Zukunft der Geflügelwirtschaft stehe auf dem Spiel, jammerte die Lobby. Tatsächlich würde es die Hühnerbauern Millionen kosten, wenn die Seuche ihre Ställe erreichte. Schon jetzt sind die Preise gefallen: Ein prima Entenbraten ist für schlappe 5 Euro zu haben. Einigen Feinschmeckern ist aus Angst vor der Grippe die Lust am weißen Fleisch vergangen. Doch er wird schon wiederkommen. Hähnchen essen und sich in Gänsedaunen kuscheln, das war ohnehin jederzeit gefahrlos.

Nur geben die Experten heute offiziell Entwarnung. Von der echten Sorge bleibt das falsche Bild vom glücklichen Huhn auf der grünen Wiese. Die Agrarfabrikanten dürfen sich freuen: Billiger bekommen sie keine Werbung für ihre Käfigeier. Und nächstes Frühjahr geht es weiter: Dann kommen die Zugvögel zurück. HANNA GERSMANN