Keine schlaflose Nacht

Philip Roth’ Roman „Operation Shylock“ und Irans Staatspräsident Ahmadinedschad

Kaum vorstellbar, dass sich Irans Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad in der Romanwelt von Philip Roth auskennt. Doch sein abstrus-antisemitischer Vorschlag, den Staat Israel in Deutschland oder Österreich anzusiedeln, könnte auf verquere, auf den jüdischen Selbsthass spekulierende Art inspiriert sein von Roth’ 1993 veröffentlichten Roman „Operation Shylock“.

In diesem erfährt der Schriftsteller Philip Roth, dass in Jerusalem ein Doppelgänger von ihm herumläuft, der sich als Philip Roth ausgibt. Dieser andere Philip Roth glaubt, dass die Juden in Israel wieder ein Holocaust erwartet. Er entwickelt die Idee des „Diasporismus“ und predigt, dass die Juden Israel den Rücken kehren und sich zurück auf den Weg nach Europa machen sollen.

Als der echte Roth bei dem anderen anruft und ihn empört fragt, ob er sich bewusst sei, wie viel Judenhass es noch in Europa gebe, antwortet der andere Roth: „Gegen diesen verbliebenen Antisemitismus stehen kräftige Strömungen von Aufklärung und Moral, die von der Erinnerung an den Holocaust gespeist werden … Im Islam existiert ein solches Bollwerk nicht. Eine jüdische Nation auszulöschen, das würde dem Islam keine einzige schlaflose Nacht bereiten, es sei denn bei der großen Nacht der Siegesfeier. Ich denke, Sie würden mir zustimmen, daß ein Jude heute sicherer ist, wenn er ziellos in Berlin umhergeht, als wenn er unbewaffnet die Straßen von Ramallah betritt.“

Der echte Roth reist dann nach Jerusalem, und es entwickelt sich eine verworrene und alle Untiefen der jüdischen Identität austarierende Geschichte. Wüsste der echte Roth aus „Operation Shylock“ von Irans Staatspräsident, er wäre wohl ganz einer Meinung mit seinem Doppelgänger, zumindest bezüglich dessen Einschätzung, dass so mancher Islamist keine schlaflose Nacht hätte, würde Israel ausgelöscht werden. GBA