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Archiv-Artikel

Bundeswehr erschießt Zivilisten in Kundus

AFGHANISTAN Zwischenfall am Checkpoint. Regierung und Opposition suchen gemeinsame Strategie

KABUL/BERLIN apn/afp/taz | Deutsche Soldaten haben an einem Kontrollpunkt nahe Kundus in Nordafghanistan einen Zivilisten erschossen. Das teilte die Bundeswehr am Sonntag in Berlin mit. Zu dem Zwischenfall sei es gekommen, weil ein Fahrzeug nicht angehalten habe, sondern mit großer Geschwindigkeit auf den Kontrollpunkt der internationalen Afghanistan-Schutztruppe Isaf zugerast sei. Die Soldaten hätten daraufhin mit Handfeuerwaffen geschossen. Zwei Insassen des Fahrzeugs seien verletzt worden. Einer von ihnen sei später im zivilen Krankenhaus von Kundus an seinen Verletzungen gestorben, hieß es in der Mitteilung der Bundeswehr. Nach der Warnung vor einem Selbstmordattentat („Suicider-Warnung“) hätten die Soldaten am westlichen Ortsausgang von Kundus „aus der Bewegung heraus einen temporären Checkpoint errichtet“, teilte ein Sprecher mit. Es habe sich ein Fahrzeugstau gebildet. Daraus sei ein Toyota-Fahrzeug ausgeschert und auf die Soldaten zugefahren.

Der Zwischenfall dürfte auch die Diskussion um die deutsche Afghanistan-Politik neu entfachen. Die Bundesregierung strebt dabei offensichtlich nach einem breiten Konsens. Nach Presseberichten führte Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Vorwoche ein entsprechendes Gespräch mit dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier. Ziel soll es gewesen, ein für alle zustimmungsfähiges Mandat für den Afghanistan-Einsatz zu formulieren. Bei Vertretern von Regierung und Opposition stießen die Konsensbemühungen der Kanzlerin auf Zustimmung. Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg sagte Bild am Sonntag: „Ein möglichst breiter Konsens ist wichtig für den Rückhalt unserer Soldaten.“ Auch der SPD-Verteidigungsexperte Reiner Arnold lobte das Gespräch. Am 28. Januar wird in London eine neue Afghanistan-Konferenz organisiert, auf der eine neue Strategie beraten werden soll. Einen Tag zuvor will Merkel eine Regierungserklärung dazu abgeben.