Erster Freispruch für inhaftierten Lümmel
KLIMAGIPFEL Keine Beweise gegen den Aktivisten. Er vermutet eine politisch motivierte Untersuchungshaft
STOCKHOLM taz | Mit einem Freispruch ist vergangene Woche in Kopenhagen der erste Prozess gegen einen der während des Klimagipfels im Dezember festgenommenen Aktivisten zu Ende gegangen. Ein dänisches Gericht sprach den italienischen Astrophysiker Luca Tornatore vom Vorwurf frei, während einer Polizeirazzia im Freistaat Christiania zwei Flaschen auf Polizeibeamte geworfen zu haben. Der angebliche Flaschenwurf hatte ihm insgesamt 30 Tage Untersuchungshaft eingebracht.
An ihm sollte wohl ein Exempel statuiert werden, erklärte der 34-Jährige nach der Entlassung aus der von ihm als „politisch motiviert“ eingeschätzten Untersuchungshaft: „Die Anklagebehörde brauchte einen Sündenbock, um die umfassende Repression gegen friedliche Klimaaktivisten zu rechtfertigen.“ Im Vorfeld des Klimagipfels war das Demonstrationsrecht mit dem sogenannten „Lümmel-Paket“ eingeschränkt worden.
Zwei Polizeibeamte hatten als Zeugen behauptet, Tornatore beim Flaschenwurf beobachtet zu haben, machten vor Gericht aber unterschiedliche Angaben über die Kleidung des Täters.
Luca Tornatore, der Weihnachten, Neujahr und seinen Geburtstag im Gefängnis verbringen musste und mittlerweile wieder bei seiner schwangeren Frau und seiner fünfjährigen Tochter in Triest ist, sieht den Prozess gegen sich als Symptom einer wachsenden Rechtsunsicherheit in ganz Europa: „Das vermeintliche Sicherheitsargument soll alles rechtfertigen. In meinem Fall plädierte der Staatsanwalt trotz der Beweislage auf vier Monate Haft, weil man nicht ausschließen könne, dass doch ich der Schuldige gewesen sein könnte.“
Nach Tornatores Freilassung sind laut der Gefangenenhilfsgruppe „Anarchist Black Cross“ noch ein französischer und ein weißrussischer Aktivist in Haft. Zeitweise waren rund 2.000 DemonstrantInnen festgenommen worden. Gegen 14 wurden mittlerweile Anklage erhoben. REINHARD WOLFF