Streit um CSD-Motto

Der Zwist war beabsichtigt, nun ist er tatsächlich da: Das Motto des nächstjährigen hauptstädtischen CSD, der Fußball-WM wegen auf den 22. Juli gelegt, lautet „Einigkeit und Recht und Freiheit“ – bewusst als subversiv inspiriertes Plagiat der ersten Zeile der deutschen Nationalhymne. Einigkeit, so heißt es im Berliner Forum des CSD e. V., stehe für die Einigkeit der Regenbogenbewegung, Recht meint die Betonung der Rechte, die Lesben und Schwule fordern, und Freiheit den Anspruch, in eben einer Gesellschaft leben zu wollen, in der jeder nach seiner/ihrer Fasson glücklich werden kann. Dass diese Paradenüberschrift nicht allen lieb sein würde, war Robert Kastl vom CSD e. V. bewusst: „Wir wollen ja provozieren.“ Weshalb? „Weil politisch damit unser Marsch in den Mainstream nur unterstrichen wird – das Motto benennt, was bis auf eine Minderheit ohnehin alle wollen: von der heterosexuellen Mehrheit anerkannt werden.“ Die Queer-AG der Linkspartei protestierte, die Parole sei ein „Fehlgriff“, weil sie den CSD in einen „nationalen Rahmen“ packe, das werde der internationalen Vielfalt nicht gerecht. „Queer – not deutsch!“ ist ein offener Brief aus der autonomen Homoszene betitelt, der scharf sich gegen „staatstragende Symbole“ wendet. Und das Lesbenreferat an der FU Berlin findet: „Die Behauptung, alle, die am CSD teilnehmen, sollten sich mit der ersten Strophe der Nationalhymne identifizieren können, ist mehr als widerlich und absolut ausgrenzend.“ Davon abgesehen, dass „Einigkeit und Recht und Freiheit“ die erste Zeile der dritten Strophe ist und das CSD-Forum keine Identifikation mit ihr fordert, steht aber fest, dass die Szenen, welche das Motto ablehnen, es insgesamt ablehnt, sich „positiv auf dieses Land (gemeint ist Deutschland) zu beziehen“. Am 2. Februar findet im Berliner Rathaus Schöneberg eine Podiumsdiskussion über das Motto statt. Robert Kastl glaubt, dass die Parole jetzt schon die CSD-Szene belebt hat: „Es kann wieder politischer werden.“ JAF