Weisheit im Dienst der Wirtschaft

Die Mainzer Professorin Beatrice Weder di Mauro soll Aufsichtsrätin beim Pharma-Konzern Roche werden. Dafür dürfte sie 200.000 Euro pro Jahr erhalten. Dabei soll die Sachverständige die Bundesregierung unabhängig in Konjunkturfragen beraten

VON JEAN FRANÇOIS TANDA

Die Wirtschaftsweise Beatrice Weder di Mauro will einen hoch bezahlten Nebenjob in der Industrie annehmen. Sie soll Verwaltungsrätin im Basler Pharmakonzern Roche werden. Den Posten im Kontrollgremium, das mit dem deutschen Aufsichtsrat vergleichbar ist, soll Weder di Mauro auf der Generalversammlung im Februar vom scheidenden Vizepräsidenten Rolf Hänggi übernehmen, erklärte das Unternehmen auf taz-Anfrage. Doch damit begibt sich die Mainzer Wirtschaftsprofessorin auf ein rechtlich unsicheres Terrain.

Seit August 2004 ist Weder di Mauro Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung – als erste Schweizerin und als erste Frau überhaupt. Die fünf Mitglieder beraten die Bundesregierung in wirtschaftspolitischen Fragen und veröffentlichen mindestens einmal im Jahr ein Gutachten zur ökonomischen Lage der Republik.

Dabei sollen sie als unabhängige Experten agieren. Den „Wirtschaftsweisen“ ist es ausdrücklich verboten, einer Regierung anzugehören oder Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerorganisation zu repräsentieren. Ämter in der Privatwirtschaft regelt das einschlägige Gesetz jedoch nicht.

Roche-Sprecher Daniel Piller begründet das Interesse des Konzerns an Weder di Mauro nicht nur damit, dass sie eine „brillante Ökonomin mit internationaler Karriere“ sei. Auch die guten Kontakte in die deutsche Politik seien sicher von Vorteil.

Und diese Expertise lässt sich der Pharmakonzern, der auch das zur Bekämpfung der Vogelgrippe empfohlene Grippemedikament Tamiflu herstellt, etwas kosten: 300.000 Franken jährlich kassieren seine Verwaltungsräte, also rund 200.000 Euro. Das Gremium trifft sich etwa fünfmal im Jahr. Hinzu kommen 10.000 Franken pro Ausschuss, in dem die Verwaltungsräte sitzen. In der Regel arbeiten die Mitglieder in zwei Ausschüssen mit und treffen sich dazu viermal im Jahr.

„Der Fall Weder di Mauro zeigt deutlich, wie die Eliten miteinander verbunden sind“, sagt Ulrich Müller von der Organisation LobbyControl. Es sei ein Fall, den man im Auge behalten muss. „Dass Unternehmen Leute einkaufen, die als Türöffner dienen, ist generell ein Problem.“

Ob ein Mandat wie das von Beatrice Weder di Mauro geplante problematisch sei, darüber haben die Wirtschaftsweisen nie nachgedacht, sagen drei der fünf Mitglieder des Sachverständigenrates auf taz-Anfrage. Sie betonen aber, selber hätten sie keine solche Nebentätigkeiten. Einer der Wirtschaftsweisen wollte sich nicht äußern. Weder di Mauro selbst weilt zurzeit im Ausland und war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.