: Iberische Sportförderung
Um einheimischen Läufern Siegchancen einzuräumen, schließt der Veranstalter eines Cross-Laufs in Spanien alle Afrikaner vom Wettbewerb aus. Mit Rassismus soll das nichts zu tun haben
AUS MADRID RAINER WANDLER
Der spanische Sport hat ein Problem. Er ist nicht auf internationalem Niveau. Ob bei der Leichtathletik, den Olympischen Spielen oder bei der Fußballnationalmannschaft … Erfolge sind selten. Die Veranstalter des Internationalen Cross-Laufes in Venta de Baños haben jetzt die Lösung gefunden. Sie schalteten unliebsame Konkurrenz ihres bekannten Querfeldeinlaufes am vergangenen Wochenende einfach aus. Und da die Konkurrenz, wenn es ums Rennen geht, meist schwarz ist, durften einfach keine Afrikaner teilnehmen.
Die Rechnung ging auf: Anders als in den vergangenen Jahren gewannen keine Läufer aus Kenia, Äthiopien oder Eritrea. Es siegte ein gewisser Alberto García, seines Zeichens Vizeeuropameister im Cross. Statt wie sonst jedes Wochenende 15–20 Sekunden selbst hinter drittklassigen Afrikanern durchs Ziel zu hecheln, gewann er überlegen. „Ein tolles Spektakel“, schwärmt Veranstalter Carlos González Gordillo, „endlich hatte das Publikum mal wieder Freude.“
Ob an der Strecke oder im Fernsehen, das Interesse sei merklich gestiegen. „Spanier wollen halt Spanier sehen“, ist sich der Manager sicher. In der Kasse habe sich das bemerkbar gemacht. Das staatliche Fernsehen TVE, das den Lauf übertragen hat, konnte mehr Werbung schalten als sonst. „90 Prozent unserer Einnahmen kommen aus den Senderechten. Die restlichen zehn Prozent zahlen Gemeinde und Regionalregierung“, rechnet González Gordillo vor.
Mit Rassismus habe das nichts zu tun. „Das würde mich ganz schön stören, wenn das so rüberkäme“, wehrt sich der Veranstalter, „die Afrikaner sind einfach zu stark. Der Unterschied zu den Europäern ist so groß, dass die Zuschauer sich schnell langweilen.“ Gonzáles Gordillo sieht sich als „Regisseur eines Spektakels“. „Wenn du ein Theaterstück aufführst, suchst du dir ja auch die Schauspieler aus. Das Gleiche machen wir“, erklärt er. „Das Spannende ist doch gerade, wenn gleichstarke Läufer mit einander ringen.“ Dass selbst mancher internationale – weiße – Akteur da nicht mitspielen mag, stört ihn nicht. So lief der aktuelle Europameister, der Ukrainer Sergej Lebed, am vergangenen Wochenende lieber in Brüssel gegen Afrikaner als in Venta de Baños gegen Spanier.
„Wir hatten hier ein tolles Duell“, meint González Gordillo ungerührt. Vizeeuropameister Alberto García habe verbissen gegen Juan Carlos de la Ossa gekämpft. Auch der ist Spanier. Die nationale Begeisterung schlug hohe Wogen. „Der Afrikaner aus León“ taufte die Presse den Sieger nach dessen Heimatstadt unweit von Venta de Baños.
„Ob es verfassungskonform ist, keine Afrikaner teilnehmen zu lassen? Klar doch“, meint auch der Verantwortliche für Querfeldeinrennen beim Königlich Spanischen Athletik-Verband (RFEA), Luis Miguel Landa. Ein Privatveranstalter könne schließlich einladen, wen er wolle. Es gelte das Fernsehen bei Laune zu halten, meint auch er. In den letzten Jahren seien die Live-Übertragungen von Cross-Läufen von 14 auf sechs zurückgegangen. „Die Leute verstehen doch gar nicht mehr, wer gewinnt“, erklärt der Funktionär, „du fragst sie: Wer war Erster? Und sie sagen: ein Afrikaner. Und Zweiter? Noch ein Schwarzer. Und Dritter? Phhh, noch einer.“
Es müsse Schluss damit sein, „Werbung für die Schwarzen zu machen“. Landa will stattdessen „den eigenen Nachwuchs fördern“. Auch wenn dies bedeutet, sie in einer Seifenblase unter Ausschluss der eigentlichen Konkurrenz laufen zu lassen. „Zudem haben wir Afrikaner beim Rennen gehabt“, meint Landa dann. „Es nahm ein Algerier teil.“ Und bei den Frauen waren mehrere Schwarze am Start. Siegerin wurde Jugendweltmeisterin Gelete Burika aus Äthiopien. Die Großzügigkeit hat einen einfachen Grund. Der Frauenlauf wurde noch nie live übertragen.
„Ich hoffe, dass das nicht alle Wochenenden passiert“, meint Jos Hermens zu der rein weißen Veranstaltung in Venta de Baños. Der Holländer ist einer der wichtigsten Manager in der Laufszene. Neben der in Venta de Baños siegreichen Gelete Burika stehen bei ihm so bekannte afrikanische Läufer wie der Inhaber von 15 Weltrekorden aus Äthiopien, Haile Gebrselassie, oder dessen Landsmann Sileshi Sihine, Vizeweltmeister über mehrere Langstrecken, unter Vertrag. Noch im vergangenen Jahr räumten die Jungs von Hermens auch in Venta de Baños regelrecht ab. „Ich könnte locker zu jedem Rennen 20 Afrikaner schicken, die besser laufen als jeder Spanier“, bringt Hermens deshalb auch Verständnis für die Entscheidung der Spanier auf. „Der Sport ist vor allem auch Marketing. Schließlich interessiert sich in Holland auch plötzlich alle Welt für Darts, wenn einer von hier vernünftig wirft. Das wird immer so sein.“