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Life in Stills Israel 2011 R: Tamar Tal, hebräisch mit deutschen Untertiteln

Sie lehnen sich mit geschlossenen Augen aneinander. Ein Mann um die dreißig und eine Frau, um die neunzig Jahre alt. Sie mit Pelzmütze und Mantel, er in warmer Jacke. Im Hintergrund liegt Schnee. Ein schwarz-weiß-Foto. Selten gibt es ein passenderes Filmplakat als dieses von „Life in Stills“

Im Fokus des Dokumentarfilms stehen Ben Peter und seine Oma, Miriam Weissenstein. Beide zusammen betreiben ein Fotohaus in der Allenbystraße in Tel Aviv. Miriam Weissenstein ist als Kind 1921 mit ihrer Familie in das damalige britische Mandatsgebiet Palästina eingewandert. Mit dem Fotografen Rudi Weissenstein, ihrem verstorbenen Mann, hat sie in den 30er Jahren das Fotohaus aufgebaut. Im Schaufenster, überall wo der Blick hinfällt im Laden hängen, liegen Abzüge seiner, ihrer Fotos. Der restliche Platz ist gefüllt mit Ordnern und Schubladen voller Negative. Eine fantastische fotografische Fundgrube, ein Archiv von großem ideellem Wert.

Rudi Weissenstein war der einzige Fotograf, der bei der klandestin vorbereiteten Unabhängigkeitserklärung Israels am 15. Mai 1948 eingeladen war. Von ihm ist die Aufnahme David Ben-Gurions, wie der unter einem Portraitfoto Theodor Herzls stehend feierlich die Gründung des neuen Staates proklamiert. Die unersetzbaren Negative dieser Fotos bewahrt Miriam Weissenstein bei sich zu Hause auf.

Die Regisseurin Tamar Tal hat zuvor bereits 2003 den Abschlussfilm ihres Studiums über sie gedreht. Das aufgebaute Vertrauensverhältnis zu Ben und Miriam kommt „Life in Stills“ zugute. Anrührend zu sehen, wie ihr gemeinsamer Einsatz für die Zalmania sie verbindet. Das Gebäude im Bauhausstil, in dem das Fotohaus untergebracht ist, soll einem Neubau weichen. Eine Herausforderung, mit der Miriam und Ben sehr unterschiedlich umgehen. Sie Trauern auch sehr unterschiedlich. Miriam ist so absolut von ihrer Trauer eingenommen, dem Umgang mit dem Verlust eines geliebten Menschen, dass bei ihr kaum Platz ist, um der anderen Trauer von Ben Raum zu lassen.

Vor der Kamera reden sie selten aneinander vorbei, bei ihrer Trauer ist es so. Nähe gibt es über die Arbeit, eine Ausstellung in Frankfurt wird organisiert. Hier, im deutschen Winter, entsteht das Foto auf dem Plakat. Miriam hält auf Deutsch eine Rede. Sonst sprechen sie hebräisch, in ihrem Alltag in Israel. An dem uns „Life in Stills“ teilhaben lässt. Sicher sind einige Szenen ein bisschen inszeniert. Aber Miriams Humor, Bens Zuwendung für sie, können nicht nur gespielt sein. Ben fragt sie, wie alt sie werden möchte. Miriam erwidert: „Das Alter habe ich schon hinter mir.“

Es tut gut, einen so warmherzigen, so offenen Blick auf ihr alltägliches Leben in Tel Aviv ermöglicht zu bekommen. Mit ihrer Schroffheit, seiner Suche nach Anerkennung. Mit dem Halt, den sie sich gegenseitig geben.

Gaston Kirsche

Sa, - Mo, Do, um 20 Uhr, City 46, Bremen