Braune Hilfe

NEONAZIS Rechte Gruppen versorgen ihre Freunde hinter Gittern schon seit vielen Jahren mit Zuspruch und Kontakten

HAMBURG/BERLIN taz | Das Gründungsdatum der „Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige“ (HNG) war kaum zufällig gewählt: Am 20. April 1979 – Hitlers Geburtstag – wurde die Organisation in Frankfurt am Main ins Leben gerufen. In den Jahren danach entwickelte sie sich mit zuletzt rund 600 Mitgliedern zum mutmaßlich größten Verein der neonazistischen Szene. Doch bis zu einem Verbot sollte es 32 Jahre dauern.

Die Idee der HNG war simpel: Inhaftierte „Kameraden“ sollten während ihrer Haftzeit durch Briefe und andere Nettigkeiten von Gesinnungsgenossen unterstützt und so ideologisch bestärkt werden. In den monatlichen Rundbriefen, Nachrichten der HNG, baten im Knast sitzende Holocaustleugner und Rechtsterroristen um Post. Auf der Liste stand bis zu seiner Entlassung im Jahr 2010 etwa Martin Wiese, der 2005 wegen seines Plans zu einem Bombenanschlag auf das Jüdische Gemeindezentrum in München verurteilt wurde.

An der Spitze der „Hilfsorganisation“ stand mehr als 30 Jahre lang die in der Szene glühend verehrte Rechtsextremistin Ursula Müller, Jahrgang 1933. In der NPD-Zeitung Deutsche Stimme erklärte sie einmal, die HNG kümmere sich um Inhaftierte, deren Einsatz „ein Dorn im Augen von Mammonisten, Materialisten und Globalisten darstellt“.

Im Spätsommer 2011 machte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) den Verein dicht. „Aus Ablehnung des demokratischen Rechtsstaats sowie der Verherrlichung des Nationalsozialismus versuchte die HNG, rechtsextreme Straftäter in der Szene zu halten“, begründete er das Verbot.

Ähnliche Organisationen existieren allerdings weiter. Der harmlos klingende JVA Report erschien bis 2010 als Gefangenenrundbrief, herausgegeben von einem niedersächsischen Rechtsextremen – inzwischen ist er ins Internet verlagert worden. Auf der Website des JVA Report finden sich „Gefangenenlisten“ mit Kameraden im In- und Ausland. Für Deutschland stehen dort knapp 50 Namen, inklusive Adressen der Justizvollzugsanstalten, in denen sie einsitzen. Darunter sind der Holocaustleugner Horst Mahler und der mutmaßliche NSU-Helfer Ralf Wohlleben, der in der JVA München-Stadelheim auf seinen in einer Woche beginnenden Prozess wartet. AS, WOS