Keine Strafmilderung wegen Alkohol

Rechtsmediziner hält Messerstecher vom S-Bahnhof Reeperbahn für voll schuldfähig

Im Prozess um die lebensgefährliche Messerattacke auf den Bundesgrenzschützer Timo M. hat ein Gutachter den beiden Angeklagten volle Schuldfähigkeit trotz vorherigen Alkoholkonsums bescheinigt. Die beiden Männer seien gewiss enthemmt gewesen, hätten aber keine Auffälligkeiten gezeigt, sagte der Rechtsmediziner gestern vor dem Landgericht.

Dem 21-jährigen Hauptangeklagten Ayhan G. wird versuchter Totschlag vorgeworfen, da er den Bundespolizisten Anfang Mai in der S-Bahnstation Reeperbahn mit sieben Messerstichen in Bauch und Oberkörper schwer verletzt hatte. Timo M., der sich in seiner Freizeit „auf der Piste“ befand, wollte einen Obdachlosen couragiert vor den Angriffen des Angeklagten und seiner Freunde schützen.

Timo M. wie auch andere Zeugen hatten vor Gericht ausgesagt, keine alkoholbedingten Ausfallerscheinungen beim Angeklagten bemerkt zu haben. Laut Rechtsmediziner hatte Ayhan G. rein rechnerisch zur Tatzeit einen Blutalkoholwert von lediglich 1,4 Promille. Die Verteidigerin von G. beantragte indes ein psychologisches Gutachten zur Frage der Schuldfähigkeit. Ayhan G. behauptet nämlich, von Timo M. heftig gewürgt worden zu sein. Er habe Angst um sein Leben gehabt.

Das Gutachten soll laut Verteidigerin belegen, dass der asthmakranke und angetrunkene Ayhan G. „panisch“ auf das Würgen reagiert und in einer Art „Überlebenskampf“ in „psychischer Ausnahmesituation“ die Kontrolle über sein Tun verloren habe. Der Prozess wird fortgesetzt. TAZ/DPA