Burschen laden rechten Gastredner ein

SENAT Die umstrittene Burschenschaft Gothia lässt den Leiter eines „neurechten Thinktanks“ referieren. Um die Treue ihres Mitglieds Michael Büge, Sozialstaatssekretär, muss sie sich deshalb aber nicht sorgen

Die Gothia lässt sich in ihrem Kurs nicht beirren: Am heutigen Freitagabend lädt die umstrittene Steglitzer Burschenschaft erneut einen Redner aus dem rechten Spektrum zu sich ein. Ihr prominentes Mitglied Michael Büge, Sozialstaatssekretär und CDU-Mann, motiviert auch das nicht zum Rückzug aus der Studentenverbindung – trotz wachsender Kritik.

Um „politische Bildung“ soll es am Freitagabend im „Gothenhaus“, der Villa der Burschenschaft, gehen. Erik Lehnert, Leiter des Instituts für Staatspolitik, will über die Bundeszentrale für politische Bildung referieren. In einem Interview bezeichnete sich Lehnert als Kämpfer „gegen eine moralinsaure Zivilgesellschaft, die jegliche Regung am rechten Rand unterdrückt“. Patrick Schwarz vom Antifaschistischen Pressearchiv nennt dessen Institut einen „neurechten Thinktank“, der keine Berührungsängste auch zu strammen Rechtsextremisten habe. Lehnert sei „Dauergast“ in der Gothia, so Schwarz, bewege sich im gleichen ideologischen Spektrum wie die Burschenschaft: „rechts von der CDU bis hin zur NPD“. Dort verortet sich wohl auch der Islamkritiker Rolf Stolz, der Anfang Mai über sein Buch „Der Deutsche Komplex“ in der Gothia sprechen soll.

Seit Wochen schon fordert die Opposition den Austritt von Büge, Staatssekretär von Sozialsenator Mario Czaja (CDU), aus der zweifelhaften Burschenschaft. Der 47-Jährige, seit 1989 Gothia-Mitglied, sitzt die Kritik aus. Erst am Montag verteidigte er die Studentenverbindung im Sozialausschuss als „persönliche Angelegenheit“.

Im Dezember, als die Vorwürfe aufkamen, hatte Büge dagegen noch ein Ultimatum gesetzt: Trete die Gothia nicht aus dem nach rechts driftenden Dachverband „Deutsche Burschenschaft“ aus, gehe er. Büge kündigte eine Entscheidung bis Ende Januar an – die aber steht bis heute aus. Man befinde sich weiter in der Diskussion, sagte der Vorsitzende Thorsten Elsholtz nur.

Kritik an Büge kommt inzwischen auch vom Koalitionspartner. Die Personalie sei zwar Sache der CDU, heißt es aus der SPD-Fraktion. Unter Sozialdemokraten gebe es aber niemanden, der Büges Verhalten nachvollziehbar finde. Innenexperte Thomas Kleineidam fordert, der CDU-Mann müsse sich endlich entscheiden: „Entweder Burschenschaft oder Staatssekretär.“ Entschieden hat sich schon der Regierende Klaus Wowereit (SPD): Er soll die Verbeamtung Büges vorerst ausgesetzt haben.

KONRAD LITSCHKO