: Arbeiterführer in spe
Guntram Schneider ist der Favorit für den Landesvorsitz des DGB. Der Westfale will kein Krawallmacher sein
Den direkten Draht zur Politik bringt Guntram Schneider mit. „Der Karl-Josef Laumann ist Mitglied bei mir im IG Metall-Bezirk Münster“, sagt er. Mit dem nordrhein-westfälischen CDU-Arbeitsminister könnte der Gewerkschafter in Zukunft öfter zu tun bekommen: Wenn der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Mitte Februar einen neuen Landesvorsitzenden wählt, gilt der 54-Jährige als Favorit.
Noch ist nicht gewählt, und noch hat auch der DGB-Bundesvorstand keinen offiziellen Vorschlag für die Nachfolge des aus Altersgründen ausscheidenden NRW-Chef Walter Haas gemacht. Deshalb gebe er jetzt „noch keine Regierungserklärung ab“, sagt Schneider. Nur so viel: „Wenn ich gefragt werde, würde ich den Job machen.“ Das Profil des Jobs sieht ungefähr so aus: Mächtigster Arbeitnehmervertreter des Landes, politischer Veto-Player und Spielverderber für die schwarz-gelbe Landesregierung.
„Ich bin kein Betonkopf, aber ein Gewerkschafter aus Tradition“, sagt Schneider. Als die IG Metall im Jahr 2003 nach dem verlorenen Streik für die 35-Stunden-Woche in Ostdeutschland vor einem Richtungsstreit stand, positionierte sich der gebürtige Gütersloher im Reformlager. Es bestehe „die Gefahr, dass die Welt sich schneller dreht, als die IG Metall es verkraften kann“, ließ er sich in der DGB-Zeitschrift Einblick zitieren.
Schneider hat für die IG Metall in Bielefeld, Dortmund und Frankfurt gearbeitet. Seit zwölf Jahren leitet er die Verwaltungsstelle Münster, seit 1971 ist er SPD-Mitglied. Zuletzt referierte er auf dem Zukunftskonvent der Landespartei zum Thema „Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität“. Reformen hält er für notwendig – allerdings nur, „wenn sie nicht gleich Sozialabbau bedeuten“. Somit dürfte er den Kurs des bisherigen DGB-Chefs nur unwesentlich verändern: Der sozialdemokratische Traditionalist Haas hatte die rot-grüne Landesregierung bis zu ihrer Abwahl im Mai meist als kritisch-grummelndes schlechtes Gewissen begleitet und zur neuen Regierung Rüttgers immer Distanz gehalten.
Auch das nächste Jahr droht die Beziehungen zwischen Landesregierung und DGB zu belasten: Die Kürzungen im Öffentlichen Dienst, die Hochschulpolitik und der Streit um die Steinkohlesubventionen treffen die Gewerkschaften besonders. „Ein zu krawalliger Kurs ist aber nicht angebracht“, sagt Schneider. Den Start von Schwarz-Gelb findet er „zurückhaltend“. Nur für sein IG-Metall-Mitglied Laumann hat Schneider ein Lob übrig. „Der hat bisher noch keine Fehler gemacht.“ KLAUS JANSEN