: EU-Schutzgebiet an der Ems
PROZESS Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg weist die Klagen der Meyer Werft, der Landkreise Leer und Emsland sowie der Stadt Papenburg gegen eine Natura 2000-Vernetzung der Ems endgültig ab
Die RichterInnen des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg ließen sich Zeit. Am Mittwoch fiel ihr Urteil, aber erst am Donnerstag lieferten sie die Begründung für ihre Entscheidung, die Klage der Papenburger Meyer Werft und anderen, gegen die Einrichtung eines Natura 2000-Netzes für europäische Naturschutzgebiete an der Ems abzuweisen.
Das Gericht begründet sein Urteil mit dem Hinweis, die Meldung der Schutzgebiete an die EU sei ein behördeninterner Akt, der niemandes Rechte verletze, zumal die Kläger vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die endgültige EU Liste der Natura 2000-Gebiete klagen könnten. Vorhandene Flora und Fauna Habitate (FFH) und besondere Vogelschutzgebiete können jetzt von der EU höher bewertet und vernetzt werden. Neue Schutzgebiete werden dadurch nicht geschaffen.
Holger Buschmann, Chef des Nabu Niedersachsen freut sich nur verhalten: „Wir kennen unser OVG und bedauern, dass es wiedermal nur formell und nicht inhaltlich entschieden hat. Aber wir sind ganz gelassen, wir haben ein ähnliches Urteil erwartet.“ Buschmann geht davon aus, dass die Kläger den Wink des Gerichtes verstanden haben und gegen die endgültige Natura-Liste vor dem europäischen Gerichtshof klagen werden. Das beunruhige ihn aber nicht, sagte er. Es lägen einige Urteile des EuGH aus der jüngsten Zeit vor, die bei Klagen gegen Natura 2000-Netzwerke ausschließlich naturschutzfachliche Kriterien berücksichtigten: „Wenn die Landkreise und Papenburg zu viel Geld haben, sollen sie klagen.“
Bernhard Bramlage, Landrat in Leer sagt: „Wir wollten erreichen, dass bei der Unterschutzstellung von Emsgebieten nicht ausschließlich Naturschutzbelange berücksichtigt werden sondern auch wirtschaftliche Betrachtungen.“ Dazu hatte das OVG nichts gesagt. „Wir prüfen mit unseren Partnern ob es weitere rechtliche Schritte geben soll.“ Der Landrat des Emslandes, Reinhard Winter, sagt: „Uns ist sehr daran gelegen, die Stadt Papenburg als Seehafenstadt und die Meyer Werft als einem der größten Arbeitgeber der Region in ihrer weiteren Entwicklung zu unterstützen.“
Die Stadt Papenburg sieht sich in ihrer kommunalen Selbstbestimmung eingeschränkt. „Die Bundesrepublik und die EU können nicht über die Ems bestimmen, ohne die Anrainer zu fragen“, sagt Martin Lutz, Erster Stadtrat in Papenburg. Einen Konflikt mit den Umweltverbänden sieht die Stadt Papenburg nicht drohen. Lutz sagt: „Es finden trotz unterschiedlicher Rechtsauffassungen bereits seit längerer Zeit konstruktive Gespräche mit Umweltverbänden und anderen Interessengruppen statt.“ Und Peter Hackmann, Sprecher der Meyer Werft nimmt das Urteil gelassen: „Wir werden in unserer Arbeit nicht behelligt. Es gibt für die Schiffsüberführungen einen rechtlichen Rahmen, der durch das Urteil nicht tangiert ist.“ Mit den Landkreisen und der Stadt will die Werft aber prüfen, ob eine weitere Klage sinnvoll ist.
2010 hatten die Landkreise Leer und Emsland sowie die Stadt Papenburg und die Meyer Werft gegen die Absicht der Bundesregierung geklagt, die von der EU vorgeschlagenen Schutzgebiete an der Ems im Rahmen des Natura 2000 Netzwerkes anzuerkennen. Die Kommunen fühlten sich in ihrer „städtebaulichen Entwicklung“ eingeengt, die Stadt Papenburg befürchtete Einschränkungen im Hafenausbau und die Meyer Werft geriet in Panik, die Überführung ihrer immer größer werdenden Kreuzfahrtschiffe von Papenburg an die Nordsee könnten durch Umweltauflagen gefährdet werden. Das Verwaltungsgericht Oldenburg wies die Klage damals ab. Nach europäischem Recht seien die Kläger gar nicht befugt, zu klagen. Das Gericht ließ wegen der grundsätzlichen Bedeutung eine Berufung vor dem OVG zu.
Das Emsästuar und die Untere Ems (ein Gebiet vom Sperrwerk Herbrum/Emsland bis vor Borkum) liegen am Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer. Saisonal rasten dort bis zu 50 Prozent der Weltpopulation von Nonnen- und Graugänsen. Jahrelang wurde die Ems für die Meyer Werft vertieft und begradigt. Bei Schiffsüberführungen wird sie aufgestaut. Die Werft möchte die Stauzeiten auch in die Brutzeit ausdehnen. THOMAS SCHUMACHER