HEIKE HAARHOFF ÜBER DIE UMSTRUKTURIERUNG DER ORGANSTIFTUNG : Reform vergeigt
Vetternwirtschaft. Verschwendung von Kassengeldern. Strategische Fehlentscheidungen, die zu einem Rückgang der Organspenden führten: Eineinhalb Jahre alt sind die Vorwürfe an die Exchefs der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO). Vorwürfe, bloß Vorboten der systemischen Krise, die sich seither im Transplantationswesen offenbart.
Jetzt gibt die private Stiftung, in deren Verantwortung der Staat die Akquise von Organen, Pardon: Lebenschancen, gelegt hat, dem Druck nach: Die DSO stutzt die Macht der Transplantationslobby im Stiftungsrat zugunsten von Bund und Ländern.
Das entschärft, löst aber keine Interessenkonflikte. Gewaltenteilung? Fehlanzeige. Funktionäre, die in Geheimzirkeln der Ärztekammer die Organspenderegeln auskungeln, überwachen eine Stiftung, für die diese Regeln gelten. Chirurgen, deren Existenz von den Organen abhängt, gelten als unabhängige Kontrolleure.
Die Reform bleibt hinter dem zurück, was nötig wäre, um Vertrauen zu schaffen: Dazu gehört, die DSO, ähnlich wie die Krankenkassen, in eine Körperschaft öffentlichen Rechts zu überführen. Und ihren Auftrag öffentlich auszuschreiben – wie bei jedem schnöden Verkehrsprojekt üblich. All das freilich hätte nicht die DSO beschließen müssen, sondern ein Gesetzgeber, der 12.000 Schwerkranke auf der Organwarteliste ernst nähme. Das Gegenteil ist der Fall. Und so bleibt die DSO eine privatrechtliche Stiftung, die sich staatlicher Regulierung notfalls entziehen kann und deren Arbeit juristisch kaum anfechtbar ist.
Es ist der persönlichen Integrität des neuen Vorsitzenden Hess geschuldet, dass der DSO trotz allem wohl nicht sofort neue Skandale drohen. Was aber, wenn weniger gefestigte Charaktere den Laden übernehmen? Spätestens dann muss das Parlament erkennen: Reformen? Vergeigt!
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