: Bombenstimmung in der Heide
Die Bundeswehr will mit Eilanträgen die sofortige militärische Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide juristisch durchsetzen. Die Bombodrom-Gegner sprechen von einem „Einschüchterungsversuch“
VON FELIX LEE
Der Streit ums Bombodrom in der Kyritz-Ruppiner Heide findet kein Ende. Dabei geht es aktuell gar nicht um die Frage: Bombodrom – ja oder nein. Es geht allein darum, ob bis zu einer generellen gerichtlichen Entscheidung die Bundeswehr das Naturgelände schon mal für den einen oder anderen Tiefflug nutzen und dabei auch mal eine Bombe fallen lassen darf.
Mit einem Eilantrag will das Bundesverteidigungsministerium die sofortige Nutzung des 142 Quadratkilometer großen Geländes in Nordbrandenburg als Luft-Boden-Schießplatz gerichtlich durchsetzen. Ein entsprechender Antrag ist beim Verwaltungsgericht Potsdam eingereicht, bestätigte gestern Gerichtssprecherin Dagmar Rudolph.
Die gleiche Kammer hatte 2003 entschieden, dass die Armee die Entscheidungen zu fünf anhängigen Klagen gegen den Übungsplatz abwarten muss. In den jüngsten Anträgen argumentiert das Verteidigungsministerium jedoch, dass eine neue Sachlage eingetreten sei. Gerichte hatten vor kurzem entschieden, dass mehrere Wege auf dem früheren sowjetischen Bombenplatz der Bundesrepublik gehören und von der Bundeswehr genutzt werden könnten. Damit herrschten nun völlig andere Bedingungen. Die Richter seien verpflichtet, diese Anträge zu prüfen, sagte Rudolph.
Die Bombodrom-Gegner reagierten überrascht. Der Sprecher der Bürgerinitiative Freie Heide, Benedikt Schirge, bezeichnete das Vorpreschen der Bundeswehr als „Einschüchterungsversuch“. Die Armee wolle bloß demonstrieren, wer hier das Sagen hat. Schirge kann sich nicht vorstellen, dass die Verwaltungsrichter sich auf diese Argumentation einlassen werden.
Auch die Linkspartei reagierte empört. Der außenpolitische Sprecher der Linkspartei, Wolfgang Gehrcke, forderte Platzeck auf, seinen Einfluss in der Bundesregierung geltend zu machen. Der Ministerpräsident gilt bislang als Bombodrom-Gegner. Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) hatte erst am Mittwoch für den 28. Februar ein Gespräch über die Zukunft der Ruppiner Heide mit Brandenburgs Ministerpräsident und SPD-Bundesvorsitzenden Matthias Platzeck vereinbart.
Seit 14 Jahren protestiert ein breites Bündnis aus Anwohnern, Naturschützern, Kriegsgegnern, Tourismusbetrieben und den Landesregierungen von Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern gegen die militärische Nutzung des Übungsplatzes. Der neue Verteidigungsminister bekräftigte im Dezember jedoch, dass er an den Plänen seiner Vorgänger festhalten werde. Schließlich müsse Deutschland ab Januar erstmals mit Tornado-Flugzeugen in der Nato Präsenz zeigen. Drei Verteidigungsminister hätten die Menschen in der Region „überlebt“, sagte hingegen Gehrcke. Auch der vierte werde sich am Bombodrom die „Zähne ausbeißen“.
Dass mit der neuen juristischen Offensive der Betrieb wirklich zügig aufgenommen werden kann, ist unwahrscheinlich. Die Entscheidung über diese Eilanträge werde erst in einigen Monaten fallen, sagte Gerichtssprecherin Rudolph. So lange bleibt es beim Slogan der Bürgerinitiative: Die Heide bleibt frei.