: Jakubs Geheimnis
Das letzte Springen der diesjährigen Vierschanzentournee in Bischofshofen am heutigen Freitag wird zum großen Duell zwischen Jakub Janda und Janne Ahonen. Der Ausgang scheint völlig offen
AUS BISCHOFSHOFEN KATHRIN ZEILMANN
Ein Sprung kann einen Menschen verändern. Zumindest bei Jakub Janda ist das der Fall. Mit einem fulminanten Satz auf 133 Meter hatte er sich beim Bergisel-Springen in Innsbruck, der dritten Station der Vierschanzentournee, von Rang 13 noch auf Platz 2 verbessert und dadurch in der Gesamtwertung knapp die Führung vor Janne Ahonen übernommen. Davor hatte Jakub Janda Pressekonferenzen so gut gemieden, wie es nur ging. Und wenn es sich doch nicht mehr vermeiden ließ, hatte er nur knappste Aussagen getätigt, während sein Blick auf dem Fußboden klebte oder in die Ferne schweifte. Danach aber, also nach seinem Sprung von Innsbruck, lief Janda schnellen Schrittes ins Pressezentrum. Er grinste. Er lachte. Er gab schelmische Antworten und nahm sich viel Zeit. Janda lehnte lässig an einen Tisch, ließ seinen Dolmetscher übersetzen, versuchte sich gelegentlich sogar selbst im Englischen. Aus Jakub Janda strahlte die Gewissheit, die Vierschanzentournee gewinnen zu können. Aus dem schüchternen Athleten aus Tschechien ist in den wenigen Sekunden des Fluges von Innsbruck ein siegessicherer Springer geworden, der weiß, was er leisten kann.
„Das Springen in Bischofshofen wird schwer, so wie die anderen drei Springen es auch waren“, erklärt Janda dennoch unvermindert. Mit den zwei Punkten, die er nun vor Ahonen liegt, sieht er sich zwar in einer „Schlüsselposition“, mehr aber auch nicht. „Ich habe kein Geheimnis“, antwortet er derweil auf Fragen nach der Ursache seines Erfolges. Und fügt in bisher ungekannter Schlagfertigkeit an: „Und wenn ich eines hätte, würde ich es nicht verraten.“
Die Suche nach Jandas Geheimnis übernehmen derweil die anderen, jene also, die er schlägt. Österreichs Skisprung-Direktor Toni Innauer etwa sieht Jandas Überlegenheit in der Tatsache, dass er seinen Körper im Flug extrem weit zwischen die Skier legen kann. Innauer: „Eigentlich ist das in dieser extremen Form gar nicht möglich. Ich weiß nicht, wie er das macht. Vermutlich hat er einen sehr leichten Oberkörper, der so eine Flughaltung begünstigt.“ Besonders schön sehe diese Fliegerei ja nicht aus, findet der junge Österreicher Thomas Morgenstern, am Bergisel Vierter. „Es wirkt so wacklig. Aber es geht halt weit“, muss er immerhin zugeben. Zudem könne Janda seine Sprunggelenke extrem anwinkeln, sagt Innauer. Das allerdings gelte auch für Janne Ahonen, in dessen Gelenken der deutsche Trainer Peter Rohwein schon vor einem Jahr Scharniere vermutet hatte: „Sonst könnte er die Skier nicht derartig anwinkeln.“
Den Sieger der Tournee vorauszusagen, fällt schwer. Die Chancen scheinen gleich verteilt. Die zwei Zähler Rückstand kann Ahonen leicht aufholen, leistet sich Janda auch nur einen kleinen Patzer. Mit Rang sechs in Innsbruck hat sich der Finne einen solchen bereits erlaubt, zweimal gepatzt hat er bisher noch nie. „Er hat den unbedingten Siegeswillen. Das kann ihm helfen“, sagt der viermalige Tournee-Sieger Jens Weißflog, der diesen Rekord nicht mehr alleine halten würde, sollte Ahonen siegen. Ahonen kennt den Druck, der in Bischofshofen auf ihm lasten wird, Janda nicht. Er hat sich in solch einer Extremsituation noch nicht befunden. Bisher hat man seine Erfolge mit freudigem Erstaunen begleitet – und nicht mit großen Erwartungen. Von Ahonen hingegen werden seit je Siege erwartet, seit zehn Jahren springt er nun schon so konstant wie niemand sonst im Weltcup. „Ich habe ja gesagt, dass es harte Tage für mich werden. Wir werden sehen, was Bischofshofen bringt“, sagt Ahonen vor dem letzten Springen.
Aber auch Janda wird keine großen Probleme haben, als Führender in Bischofshofen zu springen. „Jakub ist intelligent, er weiß, was zu tun ist“, sagt Jaroslav Comfrla, der in Jandas Management arbeitet und ihn als Dolmetscher begleitet. Und unter Druck müsse er sich schon gar nicht setzen. Comfrla: „In seinem Heimatland wünscht man ihm viel Erfolg und freut sich mit ihm, weil man gesehen hat, wie sehr er sich bemüht hat, der Beste zu werden.“
So oder so wird man sehen: Gegen den coolen Finnen Ahonen tritt in Bischofshofen ein gelöster Jakub Janda an, für den auch ein zweiter Platz in der Tournee-Gesamtwertung ein Erfolg wäre. Janda: „Wir sind große Konkurrenten, Janne und ich. Aber ich werde respektieren, wenn er besser ist.“