„Die Hauptfrage ist jetzt beantwortet“

Regisseur Wilfried Huismann über seine These, dass Oswald im Auftrag Kubas tötete – und Kennedys Nachfolger dies wusste und verschwieg

taz: Warum haben – nach 40 Jahren Kennedy-Forschung – erst Sie die Zeugen gefunden, die aus erster Hand von der Verantwortung des kubanischen Geheimdienstes für die Ermordung John F. Kennedys sprechen?

Wilfried Huismann: Andere Ermittler haben zu schnell aufgegeben. Der Senatsuntersuchungsausschuss 1978 zum Beispiel hat ein Ermittlerteam nach Mexiko geschickt, um herauszufinden, was Oswald da sechs Tage lang gemacht hat. Der Leiter, Ed Lopez, hat im Hotel in Mexiko-Stadt darauf gewartet, dass die mexikanischen Behörden ihm die Zeugen zuführen, die er hören wollte. Die kamen aber nicht, und Lopez reiste ab. Es gab kein großes Interesse an der kubanischen Spur, weil der Ausschuss sich nicht vorstellen konnten, dass Fidel Castro so verrückt sei, sich auf den Mord an Kennedy einzulassen.

Was soll denn auch sein Motiv gewesen sein? War es wirklich „Rache“, wie im Film gesagt wird?

Der Konflikt zwischen Kennedy und Castro ist nicht nur mit politischen Kategorien zu erklären. Die beiden ähneln sich darin, dass sie sehr emotional, leidenschaftlich und arrogant agierten, weil sie sich als die jungen Helden sahen, nach deren Pfeife die Welt tanzen muss. Ich glaube, dass Oswald Castro gerettet hat – weil danach eine der ersten Maßnahmen des neuen Präsidenten Lyndon B. Johnson war, den verdeckten Krieg gegen Kuba und die Mordprogramme einzustellen.

Spätestens seit dem „JFK“-Film von Oliver Stone ist die Öffentlichkeit darauf geeicht, die Schuldigen für den Mord eher bei der CIA oder der Mafia zu suchen. Für einen Reporter mit linkem Background hat es dissidente Qualitäten, in die ganz andere Richtung zu recherchieren. Was war denn Ihre Anfangshypothese?

Ich dachte auch eher, dass rechte Gruppen und CIA was damit zu tun gehabt haben müssen. Aber das hat sich durch das Studium der Realität verändert. Also etwa durch die kriminaltechnischen Untersuchungen, die doch klar zeigten, dass es möglich und sogar wahrscheinlich ist, dass es nur einen Schützen gab: Lee Harvey Oswald. Aber es gibt keinen Mord ohne Motiv.

War die Frage der Ausgangspunkt Ihrer Recherche?

Nein, der Ausgangspunkt war eine Begegnung mit James Hosty, einem ehemaligen FBI-Spezialagenten, der bei der Vernehmung Lee Harvey Oswalds dabei war. Er hat mir erzählt, dass Owald von den Fragen der Vernehmer vollkommen cool und unberührt war. Nur bei seiner Frage, was er denn vor acht Wochen in Mexiko gemacht habe, sei Oswald richtig zusammengesackt. Da wusste Hosty, dass die Spur nach Mexiko führt.

Viele der Theorien über eine mögliche Beteiligung der CIA speisten sich aus dem abrupten Abbruch der Ermittlungen. Tatsächlich wurde ja einiges vertuscht. Warum?

Kennedys Nachfolger Johnson war schnell zu dem Schluss gekommen, dass die Kubaner dahinterstecken. Er hat sich auf die Linie festgelegt, dass das nicht rauskommen darf, weil die weltpolitische Situation dann nicht mehr zu kontrollieren sei. Und Robert Kennedy hat dabei vor allem deshalb mitgemacht, weil er fürchtete, dass auch alles über die illegalen Operationen der Kennedys herausgekommen wäre. Deshalb sind damals viele Spuren vernichtet worden. Diese Vertuschung hat dazu geführt, dass viele Leute geglaubt haben, die CIA selbst habe ihre Finger im Spiel gehabt.

Wie sicher sind Sie, dass Ihr Film mehr ist als nur ein Beitrag unter vielen mit einer These unter vielen?

Ich bin sicher, dass es ein Durchbruch in der Forschung ist. Obwohl noch viele zu klärende Fragen offen bleiben, ist für mich die Hauptfrage jetzt beantwortet.

INTERVIEW: BERND PICKERT