Bushs Fraktionschef gibt Posten auf

Der einflussreiche Republikaner Tom DeLay gibt dem Druck aus den eigenen Reihen nach und legt das Amt des Fraktionsvorsitzenden im US-Repräsentantenhaus endgültig nieder. Der Lobbyisten-Skandal um Abramoff zieht Kreise

WASHINGTON ap ■ Der republikanische Abgeordnete Tom DeLay verzichtet nach Druck aus den eigenen Reihen endgültig auf den Fraktionsvorsitz der Partei im US-Repräsentantenhaus. Der einst einflussreichste Abgeordnete musste seinen Posten bereits im vergangenen Herbst abgeben, weil ein Verfahren wegen illegaler Wahlkampffinanzierung in seinem Heimatstaat Texas eröffnet wurde. Er hoffte aber zunächst, nach Abschluss des Verfahrens sein Amt zurückzubekommen.

DeLay gab seinen Verzicht am Samstag in einem Schreiben an die Fraktionskollegen bekannt. DeLays Name wurde zuletzt auch im Zusammenhang mit der Affäre um den Lobbyisten Jack Abramoff genannt, der sich am Dienstag in einem Korruptionsverfahren schuldig bekannt hat. In dem Schreiben erklärte DeLay jetzt, er werde dem politischen Gegner nicht erlauben, die Partei zu spalten. Deshalb verzichte er auf eine Rückkehr auf den Posten.

In einem gesonderten Schreiben an den Präsidenten des Abgeordnetenhauses, Dennis Hastert, bekundete DeLay seine Absicht, sich bei der Kongresswahl im November erneut um ein Abgeordnetenmandat zu bewerben. Bei einer Pressekonferenz in seinem Heimatort Sugar Land in Texas beteuerte der 58-Jährige, dass er sich in seinen 21 Jahren im Kongress immer korrekt verhalten habe und nicht gegen die ethischen Richtlinien des Kongresses oder die Gesetze des Landes verstoßen habe. Es wird erwartet, dass die republikanische Fraktion nach der Rückkehr aus den Ferien am 30. Januar einen neuen Mehrheitsführer wählen wird. Einer der Bewerber dürfte der Abgeordnete Roy Blunt sein, der das Amt bereits kommissarisch führt.

DeLay, ein enger politischer Freund Präsident George W. Bushs, soll von Lobbyist Abramoff oder dessen Verbindungsmännern in den Jahren 2001 bis 2004 mindestens 57.000 Dollar (48.000 Euro) erhalten haben. Abramoff erklärte sich am Dienstag zur Zusammenarbeit mit den Behörden bei umfangreichen Ermittlungen gegen führende Parlamentarier und deren Mitarbeiter bereit, die von ihm und anderen Lobbyisten bestochen worden sein sollen.

Die Affäre kommt Bushs Republikanern rund zehn Monate vor den Kongresswahlen äußerst ungelegen, pflegte doch der Lobbyist Abramoff enge Kontakte zu republikanischen Politikern. Die Ermittlungen könnten die Chancen der Republikaner, die seit 1994 die Mehrheit im Kongress stellen, bei der Wahl im November schmälern. Nach einer neuen Umfrage von AP und dem Ipsos-Institut würden es 49 Prozent der Wähler lieber sehen, wenn die oppositionellen Demokraten die Mehrheit im Kongress stellen. Nur 36 Prozent wünschen sich eine Mehrheit der Republikaner.

Vom Weißen Haus erhielt DeLay lange Zeit Rückendeckung. Am Samstag begrüßte ein Sprecher Bushs seinen Rückzug jedoch. Die Regierung respektiere DeLays Entscheidung, das Interesse des amerikanischen Volkes, des Abgeordnetenhauses und der Republikaner voranzustellen. Die Fraktionsvorsitzende der Demokraten, Nancy Pelosi, erklärte, DeLay habe eine „Kultur der Korruption“ gefördert. Der Rückzug eines Einzelnen sei daher nicht ausreichend.

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