: Die WASG segelt nach links
Vor den Vorstandswahlen der WASG geben sich die beiden Flügel unversöhnlich. Realos und Fundis diffamieren sich gegenseitig. Der Vorstand weiß nicht, wie es weitergehen soll. Und mit der PDS will man erst einmal gemeinsam Feste feiern
Bremen taz ■ Wird die WASG in Bremen zum bloßen „Sektiererverein“ linker Trotzkisten? Genau das befürchtet Axel Troost, Gründer des Bremer Landesverbandes der Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit, zugleich Bundestagsabgeordneter. Und nicht nur er: Mehr als 20 WASG-AnhängerInnen des „Realo“-Flügels haben einen entsprechenden Brandbrief unterschrieben, der als Weihnachtsbotschaft durch die Partei ging.
Am Sonntag soll nun auf einer Landesmitgliederversammlung ein neuer Vorstand gewählt werden. Einer, der die WASG in die Bürgerschaftswahl 2007 führen soll. Doch in ihm wird wohl nur der linke „Fundi“-Flügel der Partei vertreten sein, der in der WASG „Linkstendenz“ heißt. Die eher pragmatischen „Realos“ um Axel Troost, der auch im Bundesvorstand sitzt, sehen für sich keinen Platz im neuen Landesvorstand. Stattdessen fahren sie jetzt harte Geschütze im innerparteilichen Flügelkampf auf.
Troosts harsche Kritik gilt der Linkstendenz, die seit der letzten Landesmitgliederversammlung am 4. Dezember 2004 in Bremen eine knappe Mehrheit für sich beanspruchen kann. Schließlich wurde seinerzeit ihr Leitantrag angenommen, nicht der von Troost. Auch im kommissarischen Landesvorstand stellen die Parteilinken die Mehrheit. Es war die geforderte „Richtungsentscheidung“. Und Troost hat sie verloren.
Anschließend trennte man sich im Streit. Eine Einigung der Kontrahenten habe es seither nicht gegeben, sagt Troost. Und keiner aus dem Landesverband widerspricht. Nun sollen vier neue Köpfe in den Vorstand gewählt werden – doch bislang will keiner der Realos kandidieren. „Ich persönlich halte das für falsch“, sagt Troost, der aber selbst auch nicht antreten will. Begründung: Man wolle nicht als Minderheit im Landesvorstand eine „falsche und gefährliche Politik“ vertreten müssen. Am Ende, so die Befürchtung des Realo-Flügels, könnte die WASG nicht mehr sein als „ein kleiner Haufen von Sektierern“, zu rationaler Politik „völlig unfähig“. Eine starke einheitliche Linke? „Ausgeschlossen.“ Gesamturteil: „Der Durchmarsch der Linkstendenz schwächt die WASG beträchtlich“.
Im kommissarischen Landesvorstand der WASG ist man derweil etwas ratlos: „Wir wissen nicht, wie es weitergeht“, sagt Jan Restat, ein Ex-Grüner, der sich selbst jedoch nicht der Linkstendenz zurechnen will. „Und wir wissen auch nicht, wie sich die Leute am Sonntag verhalten werden.“ Neuer Streit ist vorprogrammiert, nur soviel ist sicher.
Restat sieht in Bremen aber weniger die „gigantischen politischen Schlachten“ vor sich gehen. Stattdessen würden persönliche Fehden ausgetragen. „Wir entnehmen dem Schriftstück eine große Frustration der AutorInnen“, heißt es in einem Vorstandspapier – die Frustration derjenigen, die nicht die Mehrheit hinter sich haben.
Es bleibt die Frage, welche Themen die WASG in Bremen besetzen will. „Das müssen wir uns sehr bald genau überlegen“, sagt Restat. Die Verteuerung der Kindergärten, ja, oder die Zwangsumzüge der ALG-II-EmpfängerInnen. Alles andere bleibt vage. Was den WASG-Vorstand jedoch nicht daran hindert, schon mal die Diskussion um ein rot-rot-grünes Bündnis in Bremen anzustoßen. Schließlich sei nicht unrealistisch, dass man 2007 eine rechnerische Mehrheit habe.
Vorher muss sich die WASG allerdings noch mit der PDS einig sein. Ein erster Anfang soll am Sonntag beschlossen werden, ganz offiziell, mit einem Antrag. Die Forderung: gemeinsame Feste zu feiern. Jan Zier