Pflanzen produzieren Treibhausgas

Klimaschädigendes Methan wird auch von Pflanzen produziert, zeigt eine neue Heidelberger Studie. Für Biologen eine Sensation – bislang galt das als unmöglich. Die Auswirkungen auf das Klima sind nach Einschätzung von Experten aber gering

von BERNWARD JANZING

Eine neue biologische Erkenntnis sorgt für Aufsehen: Forscher am Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg haben festgestellt, dass Pflanzen das klimaschädigende Treibhausgas Methan ausstoßen. Das widerspricht komplett der gängigen Lehrmeinung. Bisher galt unter Biologen als sicher, dass Methan nur dort entsteht, wo Sauerstoffmangel herrscht – also nicht in den Blättern von Pflanzen. Nun ist die Aufregung groß: Stellt das womöglich die Klimapolitik auf den Kopf?

Tatsächlich kann man sich einen Teufelskreis ausmalen – zumal die Studie auch zeigt, dass steigende Temperaturen die Methanproduktion noch verstärken: Der Treibhauseffekt heizt die Atmosphäre auf, die Vegetation gibt noch mehr Methan ab – und verstärkt damit wiederum den Treibhauseffekt. Und so fort.

Kann also die Aufforstung von Wäldern das Klima womöglich sogar schädigen? Derartige Spekulationen halten die Autoren der Studie für abwegig. Der Nutzen, den die Pflanzen dem Klima erweisen, indem sie das andere große Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) aufnehmen, sei erheblich größer als der Schaden durch das Methan: Diese positive Wirkung werde um „höchstens zehn Prozent“ gemindert, sagt Frank Keppler, einer der Heidelberger Forscher.

Klimatologen bleiben daher gelassen. Einen Grund, die bestehenden Klimamodelle in Frage zu stellen, gebe es nicht, sagt Wolfgang Cramer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. „Spannend“ seien die Forschungsresultate gleichwohl. Sie zeigten einmal mehr, wie vielschichtig das Klimasystem ist – und wie gefährlich daher jeder Eingriff des Menschen.

Gründe für die Methanbildung kennen die Heidelberger Forscher noch nicht, biologisch ist sie völlig sinnlos. „Das weiß noch keiner“, sagt Mitautor Thomas Röckmann. Es sei lediglich klar, dass das Methan im Zusammenhang mit der Photosynthese gebildet wird. Man habe vielfältigste Versuche gemacht, um Fehlerquellen auszuschließen: Um sicherzugehen, dass das Methan nicht aus dem Boden stammt, ließ man die Pflanzen auf Nährlösungen wachsen. Um methanbildende Bakterien zu beseitigen, bestrahlte man die Blätter radioaktiv. Das Methan entstand trotzdem: Vermutlich spiele der Zucker Pektin in den Zellen eine Rolle, heißt es.

Eine Schwäche hat die Studie gleichwohl – und gerade für die Interpretation der Ergebnisse aus klimatologischer Sicht ist dieser Aspekt wichtig: Die Untersuchungen wurden zwar an 22 verschiedenen Pflanzenarten aus Wald und Wiese vorgenommen, aber es waren allesamt kleine Pflanzen, die im Labor gut zu handhaben waren. Bäume waren nicht darunter. Dass diese sich bei der Umsetzung von Kohlenstoff so völlig anders verhalten als Gräser, erwartet zwar niemand. Dennoch, gesteht auch Wissenschaftler Röckmann ein, könne man über das Verhalten der Wälder im Hinblick auf die Methanproduktion noch nichts sagen. Gerade die aber sind bekanntlich für die Klimabilanz von bedeutendem Interesse.