Wieder in Turbulenzen

Unterschiedliche Ausrichtung: Der Geschäftsführer Georg Rieppel verlässt Suhrkamp

Es war nur eine kurze Zeit der Zusammenarbeit, und auch die Zeit des Friedens und der möglichen Konsolidierung bei Suhrkamp scheint nur eine kurze gewesen zu sein: Georg Rieppel, der Geschäftsführer für Marketing und Vertrieb, verlässt nach nur anderthalbjähriger Tätigkeit den Suhrkamp Verlag. Man habe, so eine Verlagsmitteilung, keine Einigung über „die Ausrichtung“ von Rieppels Geschäftsbereich erzielen können, die Zusammenarbeit sei einvernehmlich beendet worden. Rieppel gehörte neben Rainer Weiß (Programm) und Philip Roeder (Kaufmännisches) zur Suhrkamp-Geschäftsführung unter dem Vorsitz von Ulla Unseld-Berkéwicz.

Nun hat man aber bei Suhrkamp beschlossen, sich nicht weiter zu äußern zu diesem Trennungsvorgang – bewährte Bunkermentalität also, die immer mal wieder aufflammende Paranoia, von Feinden umzingelt zu sein; ein Verhalten, das aufs Neue die Spekulationen ins Kraut schießen lässt. Ist Rieppel von Unseld-Berkéwicz geschasst worden? Sind sich hier modernes, aggressives Marketing (Rieppel) und das ewige Bewahren sowie das Ausdenken von kommerziell sicher nicht erfolgsversprechenden Reihen wie die Edition Unseld und der Verlag der Weltreligionen (Unseld-Berkéwicz) in die Quere gekommen?

Ohne ein Suhrkamp-Insider zu sein, ließ sich auch von außen leicht erkennen, dass etwa der Werbeaufwand für Isabel Allendes Roman „Zorro“ (u. a. Fernsehspots) im krassen Missverhältnis zum Bestsellerertrag stand (gerade acht Wochen in der Spiegel-Bestsellerliste, höchste Platzierung nur Rang 8); und dass Suhrkamp seine liebe Mühe hat, überhaupt pro Saison einen, wenn nicht gar zwei oder drei tatsächlich überlebensnotwendige Bestseller zu landen.

Geht es bei der Edition Suhrkamp aufwärts und weht dort ein nicht unfrischer Popwind, ist die Klassikerbetreuung mit den vielen Jubiläen von Bernhard über Brecht und Beckett bis Koeppen auch dieses Jahr wieder eine vorbildliche – das aktuelle Frühjahrsprogramm, so interessant und literarisch wertvoll es sein mag (u. a. Bodo Morshäuser und Eva Demski, William T. Vollmann und Magnus Mills), ist alles andere als bestsellerverdächtig. Suhrkamp bleibt Suhrkamp, was manchmal gut so ist. Marktwirtschaftliches Arbeiten aber tut auch hier mehr als Not, genauso wie Ruhe im eigenen Haus, und die neuerlichen Turbulenzen sind dem sicher nicht förderlich. GBA