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Archiv-Artikel

Der Verteilungskampf beginnt

UNIS Die vom Bund geförderte Exzellenzinitiative für Spitzenforschung läuft 2020 aus. Auf der Hochschulrektorenkonferenz in Nürnberg hat das Gerangel um Gelder begonnen

„Rivalitäten bringen uns nicht weiter.“

Ulrich Radtke, Rektor Uni Duisburg-Essen

VON BERND KRAMER

BERLIN taz | Gemütlich dürfte es nicht zugehen in Nürnberg, wo seit gestern über 160 Hochschulleiter tagen. Der Rektor der Universität Duisburg-Essen, Ulrich Radtke, hatte mit einem Brandbrief an seine Kollegen das Thema für die Jahrestagung der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) gesetzt: Von einer „Kannibalisierung der Hochschulen“ ist die Rede, von einem „Selbstmord aus Angst vor dem Tod“.

Was ist los? Radtke sieht die Hochschullandschaft zerfallen – und die HRK mitsamt ihrem Vorsitzenden Horst Hippler untätig zusehen. Auslöser war der Zusammenschluss von 15 sich als forschungsstark verstehende Universitäten zum Club der „U15“ im vergangenen Jahr. „Die Länder sind derzeit und in der näheren Zukunft nicht in der Lage, ihre Forschungsuniversitäten international konkurrenzfähig und nachhaltig zu finanzieren“, sagte der Heidelberger Uni-Rektor und U15-Sprecher Bernhard Eitel kürzlich. Die Botschaft: Der Bund soll Geld in die Unis stecken – und zwar bevorzugt in diejenigen des U15-Zirkels. Kein Wunder, dass andere beunruhigt sind.

„Die Hochschulen geraten im Gerangel um Gelder, Drittmittel und Sponsoren zusehends in die Konfrontation“, schreibt Radtke in seinem offenen Brief. „Rivalitäten bringen uns nicht weiter. Sie bringen uns nur weiter auseinander.“

Die Clübchenbildung steht für einen beginnenden Verteilungskampf. In den vergangenen Jahren pumpte vor allem der Bund mächtig Geld ins Wissenschaftssystem – etwa mit der Exzellenzinitiative für Spitzenforschung an den Universitäten oder mit dem Hochschulpakt für zusätzliche Studienplätze. Das Problem: Die Hochschulen sind Sache der Länder, die Verfassung erlaubt es dem Bund lediglich, zeitlich befristete Projekte zu finanzieren. Die allerdings laufen bis 2020 aus. In den Länder greift zudem die Schuldenbremse. Das Wissenschaftssystems steht daher vor einer Neuordnung. Der Wissenschaftsrat als wichtigstes Beratungsgremium der Politik will im Juli seine Empfehlungen präsentieren, SPD, Grüne und Linke haben bereits eigene Vorschläge gemacht. Entsprechend brechen die verschiedensten Fronten auf.

Der Konflikt entzündet sich dabei nicht nur an der Frage, ob der Bund einige ausgewählte Universitäten nach Ende der Exzellenzinitiative möglicherweise dauerhaft weiterfördern sollte. Eine weitere Front verläuft zwischen Universitäten und den außeruniversitären Forschungseinrichtung wie etwa den Helmholtz- oder den Max-Planck-Instituten. Bernhard Kempen, der Präsident des Deutschen Hochschulverbandes, der Berufsvertretung der Professoren, forderte kürzlich eine „Vorfahrt für Universitäten“. Ein großer Teil des Bundesgeldes floss in den vergangenen Jahren in die außeruniversitäre Forschung – auch wegen der Beschränkungen durch die Verfassung. Dies müsse umgekehrt werden.

Eine dritte Front verläuft zwischen Universitäten und Fachhochschulen. Radtke fordert in seinem Brandbrief, die Unis zu entlasten, indem mehr Studienanfänger an die Fachhochschulen gehen.