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Archiv-Artikel

Schäuble bremst Regeln für Abwicklung von Banken

BANKENKRISE Der Finanzminister will Kunden und Anleger zur Finanzierung verpflichten

BRÜSSEL taz | Ein wichtiger Baustein der geplanten Bankenunion für die Eurozone wackelt. Nach der zentralen Aufsicht für die Geldinstitute, die bereits im Dezember beschlossen wurde, planen die Finanzminister der Euroländer gemeinsame Regeln, wie sie Pleitebanken schließen und abwickeln können. Doch Deutschland sorgt mit einem Gegenvorschlag für Unmut.

Ausgerechnet in der britischen Financial Times, dem Hausblatt der Londoner City, hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) seinen Vorschlag veröffentlicht. Dieser sieht statt einer zentralen Abwicklungsstelle für gescheiterte Banken ein Netzwerk aus nationalen Behörden vor. Mehr gebe der EU-Vertrag ohne Änderung nicht her, meint Schäuble.

Zudem sollen immer erst die Bankkunden und Anleger einspringen, Hilfen aus dem Eurorettungsfonds ESM soll es nur im äußersten Notfall geben.

Damit stellt Schäuble die ursprüngliche Idee der Bankenunion auf den Kopf. Sie sah nämlich vor, dass der ESM Banken direkt rekapitalisieren kann, um ein Übergreifen einer Bankenkrise auf Staaten zu verhindern. Mit einer solchen Direkthilfe hätten sich die Krisen in Irland, Spanien und Zypern womöglich verhindern lassen.

Vor allem Frankreich macht Druck: „Wir müssen schnell vorangehen, jetzt, umfassend und an allen Fronten“, sagte Schäubles französischer Amtskollege Pierre Moscovici am Dienstag in Brüssel. Vertragsänderungen seien dafür nicht nötig. Ähnlich äußerte sich Jörg Asmussen, der im Direktorium der Europäischen Zentralbank sitzt. „Wir brauchen ein gemeinsames Abwicklungsregime, zusammen mit einer gemeinsamen Abwicklungsbehörde und einem Abwicklungsfonds, der von den Banken finanziert wird.“ Das neue System solle gleichzeitig mit der zentralen Bankenaufsicht im Sommer 2014 starten.

Schäuble hingegen tritt auf die Bremse. Der oberste deutsche Kassenwart legt sich weder auf einen Termin noch auf mehr Solidarität in der Eurozone fest. Im Gegenteil: Er beharrt darauf, erst einmal bis ins kleinste Detail die „Haftungskaskade“ zu klären, bevor man über gemeinsame Regeln und Fonds spricht.

Damit werden Beschlüsse weiter verzögert – und das, obwohl nach Zypern nun auch Slowenien Probleme hat. Schäuble sei dies durchaus recht, mutmaßen Diplomaten in Brüssel: Vor der Bundestagswahl wolle er wohl keine neuen Hilfen bewilligen. ERIC BONSE

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