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Archiv-Artikel

BARBARA DRIBBUSCH über GERÜCHTE Wasserpfeife für die Eltern

Wie hält man Kontakt zu den Teenager-Töchtern? Britt erlaubte eine „kleine Party“ – und endete im Schlafsack

Es sollte nur ein kleines Fest werden, Annas 15. Geburtstag. „Klar Mama, ein paar Leute werden natürlich auch hier übernachten“, hatte Anna zu Britt gesagt, „am besten, ihr seid den ganzen Abend nicht da. Geh doch mit Papa mal aus! Wir räumen hinterher auf, ganz bestimmt“.

„Ich hab’ mir noch gedacht, ganz verbieten kannst du denen den Alkohol nicht“, erzählt Britt und gießt noch etwas Tee nach, „sonst machen sie das heimlich. Eine Flasche Wodka und eine Flasche Bacardi hab’ ich erlaubt, neben der Cola, der Fanta und dem Orangensaft. Ist doch okay, für 20 Leute.“ Wir sitzen in der Orient Lounge in Kreuzberg. Eigentlich sollten unsere Töchter jetzt aufkreuzen, wir wollten mit ihnen hier zu Abend essen und noch ein bisschen über die vergangene Party reden. Doch Anna und Charlotte lassen sich Zeit.

„Also dass Rauchen nur auf dem Balkon gestattet ist, das habe ich jedenfalls vorher ganz klar gemacht“, fährt Britt fort, „sonst hast du den Gestank wochenlang in der Bude. Außerdem hast du damit gleich das Kiffen mitverboten. Praktisch. Bei uns wird nicht gekifft, basta.“

Ich nippe ein bisschen am Vanilletee und versuche mich daran zu erinnern, wie das war, als wir mit 15 unsere Partys feierten. Die Eltern von Martina wollten cool sein und stellten uns ihren Partykeller zur Verfügung, dessen Wände mit Tapeten im Blockhüttendesign beklebt waren. Rauchen durften wir, wobei wir natürlich HB verschmähten und stattdessen Camel pafften. Dietmar, das war der mit der Gitarre, der kiffte. Die 70er-Jahre! Eindeutig andere Zeiten. Heute finde ich auch, dass verrauchte Räume stinken.

„Dass mit den zwei Flaschen Alkohol war natürlich naiv“, reißt mich Britt aus meinen Erinnerungen, „heute Morgen habe ich mal nachgezählt. 40 Flaschen Bier! Und dann noch drei Flaschen Sangria! Wie viel Prozent hat eigentlich Sangria?“ Ich antworte nicht. Britt redet nun schon stundenlang über diese Party. Bis nachts um halb drei hatte sie sich mit Thomas in der Stadt herumgedrückt, erst der Spätfilm im Kino, dann die Bar in Kreuzberg, dann ein Abstecher ins Goya, der neuen Diskothek für die Vierzig-plus-Generation in Schöneberg. Als die beiden schließlich nach Hause kamen, waren die Lautsprecher der Anlage durchgeknallt, und selbst im Schlafzimmer der beiden dösten zwei Jugendliche im Doppelbett.

„Was hättest du gemacht, die Jungs und Mädels geweckt, aus dem Bett geschmissen und in die Kälte geschickt?“ Britts Frage ist eher rhetorisch. Sie hatte in dieser Nacht ihren Polarschlafsack und die Isomatte aus dem Kellerregal gezerrt und sich dann mit Thomas in das winzige Arbeitszimmer unterm Dach geflüchtet. „Das mit dem Polarschlafsack war ja noch ein Glück“, sagt Britt. Einer der Teenies hatte den Zentralschalter für die Heizung im Keller für einen Lichtschalter gehalten und umgelegt, was die nächtliche Temperatur im Reihenhaus radikal absinken ließ.

„Mit Thomas mal wieder in einem Schlafsack zu liegen war doch sicher romantisch“, werfe ich ein. „Was heißt hier Romantik?“, sagt Britt, „wenn ich ehrlich bin: Ich habe vor dem Einschlafen überlegt, wie ich die Bierflecken aus dem Teppichboden kriege.“ Vielleicht stimmt es ja, was französische Philosophen so sagen: Das Leben ereignet sich einfach. Wir haben keine Kontrolle. Auch nicht über unsere Gedanken, die sich in einem gewissen Alter offenbar um Bierflecken drehen. Rotwein im hellen Teppichboden ist übrigens noch schlimmer. „Rotwein gab’s doch nicht?“, frage ich nach. Britt sagt nichts.

Die Töchter sind noch immer nicht gekommen. Dabei ist die Orient Lounge ein heißer Tipp für Eltern, die ihren halbwüchsigen Kindern nahe sein wollen. Auf Kissen gebettet, kann man hier gemeinsam mit dem Nachwuchs speisen, Tee trinken und Wasserpfeife, genannt Schischa, schmauchen. Generationsübergreifend cool sein. „Wir bestellen uns jetzt einfach mal die Wasserpfeife“, schlage ich vor, „auch wenn Anna und Charlotte noch nicht da sind.“ Ab einem gewissen Alter muss man sich lösen vom Nachwuchs. Und heute nehme ich mal eine Schischa mit Apfelgeschmack.

Fragen zur Wasserpfeife? kolumne@taz.de Morgen: Philipp Maußhardt über KLATSCH