KURZKRITIK: DON GIOVANNI
: Lustvoll scheitern

Ein Theater, das nichts ausprobiert, wäre tot. Und weil zum Ausprobieren notwendig auch das Scheitern gehört, ist Andrea Moses’ Inszenierung des Don Giovanni ein erfreuliches Zeichen: Die Bremer Oper lebt. Das Ensemble kann musikalisch die Vollkommenheit streifen, ohne dass auf gefällige museal-Regie zurückgegriffen würde.

Hier hat sich jemand Gedanken gemacht, hat sie ausprobiert – und ist damit gescheitert. Sehr lustvoll zwar. Aber doch sehr gründlich: Moses hat keine Richtung für ihre Inszenierung gefunden. So verpflanzt sie den Plot in ein mit heutigem Elektro-Schnickschnack garniertes 1950er-Ambiente, was das Sozialgefüge verunklart, ohne das weder Skandal noch Verzweiflung plausibel werden. Vor allem aber der Entscheidung, wie ernst die Geister-Erscheinung des Komturs zu nehmen ist, weicht ihre Regie aus: Seine Ermordung hatte sie als Lachnummer gestaltet, als wirr-frisierte Figur kontrastiert er in der Gastmahl-Szene dann merkwürdig mit dem auskomponierten Grauen. Das aber bestimmt tragische und komische Fallhöhe.

In glücklichen Momenten entfaltet das verbliebene szenische Gewitzel wenigstens Slapstick-Qualitäten: Sara Hershkowitz etwa ist eine perfekte Donna Anna die augenrollend und gestisch die eigenen Kolloraturen als hysterischen Ausbruch persiflieren kann. Und Luis Sandoval verleiht Biedermann Ottavio eine lauernde Brutalität, die… – doch, musikalisch und selbst schauspielerisch liegt alles in besten Kehlen und Händen: Nadine Lehner – eine süperbe Zerlina, Juan Orozco – ein verführerischer Verführer, und die Philharmoniker – ein von Markus Poschner eindrucksvoll zwischen historischem und romantischem Klangideal austariertes Instrument. Das darf man sich nicht entgehen lassen. Und schließlich empfiehlt schon Kierkegaard für Don Giovanni einen Platz, auf dem man alles hört. Und nichts sieht. BES

Nächste Aufführungen: 12., 14., 17., 24. 2., 19.30 Uhr & 20. 2. 18 Uhr