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Archiv-Artikel

„Es geht nicht um Stunden“

WORKSHOP Die Landesmedienanstalt informiert über PC-Spiele. Ein Experte sagt, wo Sucht beginnt

Von EIB
Jockel Guba

■ 62, arbeitet als auf Sucht und Abhängigkeit spezialisierter Sozialarbeiter in der Suchtberatung des Gesundheitsamtes.

taz: Herr Guba, wenn Jugendliche ihre Zeit vor dem Computer verdaddeln, heißt das nicht, dass sie süchtig sind, oder?

Jockel Guba: Nein. Bei etwa 20 Prozent derjenigen, die zu uns in die Suchtberatung kommen, geht es um Medienabhängigkeit. Dabei sind die Stunden, die jemand vor dem Computer verbringt, nicht ausschlaggebend. Erst wenn sich parallel die Interessen stark verändern, jemand beispielsweise plötzlich nicht mehr Fußball spielen will, Schulleistungen nachlassen und sich soziale Kontakte reduzieren, dann muss man genauer hingucken.

Das heißt, Sie haben auch schon Leute nach Hause geschickt?

Ja. Aber wir haben auch schon mal dazu geraten, jemand in die Psychiatrie einzuweisen, weil sich zeigte, dass ganz andere Probleme hinter der Mediensucht steckten.

Lässt sich die mit anderen Süchten vergleichen?

In ihren Konsequenzen ja. Es gibt auch Untersuchungen, nach denen dieselben Hirnregionen aktiviert werden wie bei substanzgebundenen Süchten.

Aber wer spielt, macht doch mehr als jemand, der sich einfach wegballert.

Ja, ein PC-Nutzer ist relativ aktiv, manchmal ja auch mit vielen anderen vernetzt. Aber man muss schon sagen, dass die neuen Medien für junge Menschen eine große Herausforderung sind.

Das heißt, sie schaffen erst Abhängige? Oder werden nur die süchtig, die sonst zu etwas anderem gegriffen hätten?

Das ist eine spannende Frage, die noch nicht beantwortet ist. Die meisten, die wir beraten, haben aber eine Belastungssituation zu bewältigen, die Sucht ist dafür ein Ausdruck.

Kommen auch Mädchen zu Ihnen?

Sehr selten.  EIB

Workshop: Samstag 12 bis 16 Uhr, Zentralbibliothek. Vortrag: 13 Uhr