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Archiv-Artikel

Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

LARS PENNING

Wer sollte besser dafür prädestiniert sein, vom Göttersohn Thor und seinem Wunderhammer zu berichten, als die Isländer, deren heimischer Helden- und Götterwelt die Story schließlich entspringt. So ganz ernst meinen es Óskar Jónasson und seine Koregisseure Gunnar Karlsson und Toby Genkel mit dem Animationsfilm „Thor – Ein hammermäßiges Abenteuer“ allerdings nicht: Sie erzählen die Geschichte zwar entlang der klassischen Sage – aber eben vor allem aus der Perspektive des Zauberhammers, der ein überaus amüsantes Eigenleben führt und bald verzweifelt feststellen muss, dass der bequem und überheblich gewordene Göttervater Odin, der kampfunerfahrene und naive Jüngling Thor sowie eine klägliche Truppe besoffener Walhalla-Invaliden nicht unbedingt eine militärische Toptruppe abgeben, wenn Riesen im Verbund mit einer rachsüchtigen Zauberin angreifen. Da ist noch eine Menge Training vonnöten … (1. 6.–2.6. Filmkunst 66)

Das Meisterwerk des europäischen Spionagethrillers ist Martin Ritts düstere John-le-Carré-Verfilmung „The Spy Who Came in From the Cold“ (1965): Kaum ein anderer Agentenfilm macht das schmutzige Geschäft und die völlige Desillusionierung der Akteure so greifbar wie die selbst für die Protagonisten undurchschaubare Geschichte um den britischen Agenten Alec Leamas (Richard Burton), der sich für einen Auftrag in der DDR die Legende eines heruntergekommenen Spions geben muss. Erst viel zu spät erkennt er, dass seine Vorgesetzten ihn und seine Freundin für eine unmoralische Scharade missbraucht haben, um die Haut eines Doppelagenten zu retten. Der österreichische Schauspieler Oskar Werner brilliert als ostdeutscher Spionagechef Mundt, der im Jagdeifer ebenfalls nicht merkt, dass sich das Blatt längst gegen ihn gewendet hat. Die Berliner Mauer, an der das große Finale stattfindet, wurde für den Film übrigens in Irland nachgebaut. ((OmU) 4. 6. Freiluftkino Mitte)

Eigentlich hatte Billy Wilder geplant, seinen Film Noir „Sunset Boulevard“ (1950) mit einem Dialog von Verstorbenen im Leichenschauhaus beginnen zu lassen, doch das Preview-Publikum fand das lediglich lustig und erwartete eine Komödie. Nun also erzählt die im Pool treibende Leiche des erfolglosen Drehbuchautors Joe Gillis (William Holden) ihre Geschichte ganz noir-mäßig in Rückblenden: wie die Abhängigkeit zu dem alternden, mittlerweile wahnsinnigen Stummfilmstar Norma Desmond (Gloria Swanson) in eine tödliche Katastrophe führte. Eine düster-schwarzhumorige Hommage an das große Kino der Stummfilmära und zugleich ein desillusionierender Blick auf die Traumfabrik Hollywood. ((OmU) 5. 6. Freiluftkino Mitte)