MÄNNER IN DER KÜCHE
: Alte Zitronen

Ich finde das schön, sage ich. Du bist so alt, wie du bist

Es klingelt. Ich habe den Raum für einen herannahenden Vegetarier aus einem Leberkäse-Labor noch schnell in eine Küche verwandelt und drücke den Summer. Ich öffne die Wohnungstür. F., der in einem anderen Bezirk Parterre wohnt, schnauft die letzte halbe Treppe in den vierten Stock empor. Ich balle die Fäuste und rufe: Alter, du schaffst das! Okay, sage ich, heiße Zitrone? Ich kann mich allein verarschen, sagt er. Wenn du wie ich, sagt er, langsam graue Haare bekommen würdest, dann wäre das alles nicht mehr so witzig.

Er schaut mich ernst an, sehr ernst. Was hat das, sage ich, damit zu tun, dass du hier außer Atem angekommen bist? Nein, wir wechseln lieber das Thema und landen drei Stunden später wieder genau dort. Wenn ich genügend Geld hätte, sagt er, würde ich mir das Gesicht liften lassen.

Du siehst schick aus, sage ich, warum willst du das verändern? Weil das irgendwann scheiße aussehen wird. Ach, Blödsinn, sage ich, die Frauen, die wir anfassen, die sehen genauso aus wie wir. Aus uns wird niemand mehr eine Daily Soap entwickeln, das passt doch wunderbar. Ja, klar, sagt er, aber so will ich nicht aussehen.

Er fummelt an seinem Gesicht herum, zieht seine Wangen, sein Kinn herunter und sagt, guck dir das an. Ich finde das schön, sage ich, du bist so alt, wie du bist. Ich fülle die Gläser mit Rotwein nach. Dann denke ich, dass ich als Personal Trainer einen miesen Job machen würde. Es liegen drei Zitronen auf dem Kühlschrank. Schau mal, sage ich, weil ich etwas sagen möchte, das sieht doch super aus. Aus dem Laptop schmettert Post-Rock. Ja, sagt F., sieht super aus, das hat aber überhaupt gar nichts mit mir zu tun.

Ich stehe auf, presse zwei der Zitronen in Gläser, gebe Honig dazu und gieße heißes Wasser drüber. Gut, sagt F., wir trinken das und morgen beginnt ein neuer Tag. BJÖRN KUHLIGK