Dass es kein Strohfeuer bleibe

ENERGIEWENDE FÜR BERLIN

Der sonst so nüchterne Umweltsenator hatte Feuer gefangen

Der sonst so nüchterne Umweltsenator hatte Feuer gefangen: Selbstverständlich werde Berlin eine starke Rolle bei der Energiewende spielen, natürlich wolle das Land ein Stadtwerk gründen und zudem das Stromnetz von Vattenfall zurückholen, rief Michael Müller (SPD) fast euphorisch in den Saal.

Am Montag hatte Müller erstmals Bürger-, Wirtschafts- und Verwaltungsvertreter zum Austausch über die Kommunalisierung der Energieversorgung Berlins eingeladen. Das Werkstattgespräch sollte vermitteln: Wir reden nicht mehr über das Ob. Sonder über das Wie: Wie gelingt das beste Angebot als Netzbetreiber, um Vattenfall auszustechen? Wie soll ein Stadtwerk aussehen? Soll es nur grünen Strom verkaufen oder sich auch um energetische Gebäudesanierung kümmern? Soll es die Tonnen von Laub, die die Stadtreinigung im Herbst von den Straßen sammelt, in Energie umwandeln oder vor allem Berlins Ländereien in Brandenburg mit Photovoltaikanlagen bebauen?

Allesamt wichtige, keinesfalls aber neue Fragen. Die Initiatoren des noch bis 10. Juni laufenden Energie-Volksbegehrens und eine Handvoll Landespolitiker diskutieren all das schon lange. Antworten stehen aus – weil Rot-Schwarz lange schwieg. Schön, dass nun zumindest Müller Feuer für die Energiewende gefangen hat. Doch es könnte ein Strohfeuer bleiben – wenn das Volksbegehren scheitert und die Skeptiker daraus ihre Schlüsse ziehen. Die CDU könnte Stadtwerke und Stromnetzkommunalisierung wieder leichter infrage stellen. Als jedenfalls der Chef der Investitionsbank Berlin beim Werkstattgespräch skeptisch in die Runde fragte, ob sich die öffentlichen Investitionen für ein Stadtwerk denn wirklich auszahlen würden, da lächelte einer und nickte zustimmend. Es war der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Heiko Melzer. SEBASTIAN PUSCHNER