PETER PHILIPP ÜBER DIE GROSSOFFENSIVE GEGEN DIE TALIBAN : Afghanistan ist nicht Irak
Amerikanische Militärs sind zufrieden: Alles laufe besser als geplant. Bedenkt man, dass die Verbände der Isaf und der afghanischen Armee 15-mal so groß sind wie die der Taliban in der Gegend von Mardscha, ist das kein Wunder. Die Stärke der Taliban lag noch nie in der offenen und direkten Konfrontation, sondern in ihrer Beweglichkeit, dem überlegenen Feind nachzugeben, um bei dessen Abzug zurückzukehren.
Bei der Großoffensive in der Provinz Helmand sind 15.000 internationale und afghanische Soldaten gegen geschätzte 1.000 Taliban im Einsatz. Die bisherige Strategie der Taliban soll hier aber durchkreuzt werden: Es soll gleich dafür gesorgt werden, dass die afghanische Verwaltung sich hier etabliert, dass Wiederaufbau geleistet und damit eine Rückkehr der Taliban verhindert wird.
Die Strategie Barack Obamas, nach einer vorübergehenden Verstärkung des Militäreinsatzes Normalität zu erzeugen, orientiert sich am Drehbuch des amerikanischen Einsatzes im Irak. Nur, der Irak und Afghanistan können nicht mit derselben Schablone behandelt werden. Was vielleicht – und auch wirklich nur vielleicht – im Zweistromland funktioniert hat, muss in Afghanistan noch lange kein Erfolgsrezept sein.
Afghanische Zentralregierungen haben nie das gesamte Land kontrolliert, auch die gegenwärtige tut das nicht. Afghanische Sicherheitskräfte sind auf lange Sicht nicht in der Lage, zurückeroberte Gegenden zu halten. Und sicher nicht eine so wichtige Gegend wie die von Mardscha – eine Hochburg der Taliban und ein Zentrum des Drogenhandels. Schon vor Jahrzehnten versuchten die Amerikaner dort zu helfen, jetzt soll ein Sieg sie dem Abzug aus Afghanistan näherbringen. Die Hoffnungen von heute drohen ebenso zu scheitern, wie es die Anstrengungen von damals taten.
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