: Singender Sozialphobiker
POST-ANTI-FOLK Weil er Angst vor Menschen hat, vor denen er dann betrunken auftritt, ist der Songwriter Adam Green verlassen worden. Und hat darüber eine Platte gemacht
VON ROBERT MATTHIES
Vor zwei Jahren wusste man noch von „liebestollen Blicken“ in zumindest einer Richtung zu berichten, wenn sie gemeinsam auf der Bühne standen, der Kafka-Verlobten-Nachfahre Adam Green und seine Frau Loribeth Capella. Da hatte der notorisch hundeblickende „Wuschelkopf“ sich mit seinem vierten Solo-Album „Jacket Full of Danger“ gerade noch mal ein wenig weiter aus dem songwriterlichen Fenster gelehnt und seine radiotaugliche Abwendung vom schrulligen Anti-Folk, mit dem er gemeinsam mit Kimya Dawson als „Moldy Peaches“ bekannt geworden war, noch streicherarrangementverliebter zementiert.
Der zentraleuropäische, den meisten US-Amerikanern unverständliche Hype um den 28-jährigen New Yorker mit dem schluffigen Sex-Appeal, der ihm hierzulande neben einem Harald-Schmidt-Auftritt auch eine Thomas-Meinecke-Suhrkamp-Übersetzung Green’scher Fanzine-Prosa ermöglicht hat, war da längst auf erträgliche Maße zusammengesackt. Während offenbar die ganze Promi-Geschichte für den nuschelnden Crooner zunehmend unerträglicher wurde.
Unheilbar sei seine Sozialphobie, die er mit Alkohol noch zu kurieren können glaube, beschied jedenfalls eines Tages des Barden Ehefrau. Und beendete den ewigen Bund nach einem Jahr. Es folgten: Eine angeblich erfolgreiche Psychotherapie, die Einsicht in die gegenwärtige Beziehungsunfähigkeit und die großspurige Ankündigung, sich demnächst nach einem gleichgeschlechtlichen Abenteuer umsehen zu wollen.
Und natürlich ein neues Album. „Minor Love“ heißt die mit erstaunlich wenig Großmaul umgesetzte Trennungserfahrungdurcharbeitung des Neurologen-Sohns, während der der Sozialphobiker natürlich lieber alles allein eingespielt hat. Bis zur Heilung dürfte es aber noch dauern. Oder warum hatten alle Damen bei Herrn Green absolutes Studioverbot?
■ Do, 18. 2., 21 Uhr, Uebel & Gefährlich, Feldstraße 66