: Blick zurück im Zorn
Niedersachsens oberster Datenschützer tritt ab und warnt vor einem Qualitätsverlust des Lebens durch Überwachung
Bei der Cebit im März werden Waschmaschinen, die das richtige Waschprogramm durch das Scannen der Kleideretiketten wählen können, vorgestellt. „Das ist toll“, findet auch Burckhard Nedden. „Aber bei jedem dieser Vorgänge werden Daten gesammelt“, sagte Niedersachsens Datenschutzbeauftragter gestern. An seinem letzten Arbeitstag nach fast sieben Jahren im Amt zog Nedden ein äußerst bitteres Fazit seiner Arbeit.
Vor allem seit dem 11. September sei der Datenschutz in der öffentlichen Debatte in die Defensive geraten: In einer videoüberwachten Welt, in der bald so genannte RFID-Chips jeden Einkauf überwachen könnten, spiele sich ein grober „Qualitätsverlust“ des Lebens ab, findet Nedden. Alle 250.000 Mitarbeiter der Fußball-WM, ob Würstchenverkäufer oder Ticketkontrolleur, müssten einer Abfrage ihrer Daten bei Polizei und Verfassungsschutz zustimmen, sagte Nedden. Dabei gebe es für diesen Check keine ausreichende Rechtsgrundlage. Er klingt verbittert: „Das kann doch nicht Sinnbild einer freiheitlichen Gesellschaft sein.“
In den vergangenen Jahren habe die Politik immer mehr Regelungen durchgedrückt, die die Persönlichkeitsrechte bedrohen. Beispiel DNS-Analyse: Am Anfang war sie nur bei schwerwiegenden Straftaten erlaubt, inzwischen könne sie schon für einfache Wiederholungstäter angeordnet werden. Nedden hält das für einen „Sündenfall“. Und verweist auf das Ansinnen der EU, alle Verbindungsdaten von Telefonen oder Internet ein halbes Jahr lang zu speichern.
Er muss unter seinem Dienstherrn gelitten haben: CDU-Innenminister Uwe Schünemann sei ein „sicherheitspolitischer Überzeugungstäter“, so Nedden. Als Schünemann im vergangenen Jahr ankündigte, dem Datenschützer die Kompetenz für den Datenschutz im privatwirtschaftlichen Bereich zu entziehen, kündigte er an, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen. Es sei nicht nachzuvollziehen, wieso sich ein Patient bei Problemen mit dem Arztgeheimnis in einer Privatpraxis ans Innenministerium, in einer Universitätsklinik aber an den Datenschutzbeauftragten des Landes wenden solle. Nedden: „Wie das kostengünstiger sein soll, erschließt sich für mich nicht.“ Der Landtag wird demnächst einen Nachfolger bestimmen. ksc