: „Eine brisante Situation“
Der kolumbianische Menschenrechtler Alberto Franco über Friedenshoffnung und Landraub
■ 53, katholischer Seelsorger und Aktivist der Menschenrechtsorganisation „Gerechtigkeit und Frieden“ Foto: Jochen Schüler
taz: Padre Franco, nach rund 50 Jahren Bürgerkrieg wird in Kolumbien über Frieden verhandelt – ein Hoffnungsschimmer?
Alberto Franco: Oh ja, für das ganze Land. Wir beobachten die Verhandlungen in Havanna sehr genau, kritisieren aber, dass die Zivilgesellschaft dort nicht präsent ist.
Sie selbst mussten die Hauptstadt Bogotá fluchtartig verlassen, was ist passiert?
Dieses Jahr ist für unsere Organisation sehr schwierig. Es hat einen Mordanschlag auf unseren Mitarbeiter Danilo Rueda und auf mich gegeben. Wir landeten aufgrund von manipulierten Anschuldigungen im Fokus der Ermittlungsbehörden, unsere Mails und Telefonate werden mitgehört und mitgelesen. Wir leben in einer brisanten Situation.
Ihre Organisation begleitet Kleinbauern, die zurück auf ihre Farmen wollen. Welchen Interessen läuft das zuwider?
Oftmals denen von großen Unternehmen, denn oftmals werden auf diesen Ländereien Palmöl- oder Bananenplantagen angelegt, manchmal werden Erdöl oder andere Rohstoffe vermutet, ab und zu sind die Flächen für Infrastrukturprojekte interessant. Wir benennen diese Interessen – und machen uns damit nicht nur Freunde.
Zahlreiche Gemeindevertreter stehen auf den Todeslisten von Paramilitärs.
So will man die Zivilgesellschaft entmutigen, Organisationen zerstören und das Eintreten für Landreform und Ernährungssouveränität blockieren. Kolumbien braucht aber mehr Partizipation der Zivilgesellschaft, ein stärkeres Eintreten für den Schutz der Menschenrechte sowie Konzepte für die Entmilitarisierung ganzer Regionen und die Reintegration von Guerilleros, Soldaten und Paramilitärs.
Was können Menschen in Deutschland tun, um zu helfen?
Viel. Eine Postkartenaktion wie vor ein paar Wochen für die afrokolumbianischen Gemeinden im Chocó im Nordwesten setzt die Verantwortlichen unter Druck. 10.000 Unterschriften sorgen für unbequeme Nachfragen und schützen die Interessen der Gemeinden, die um ihr Land kämpfen. INTERVIEW: KNUT HENKEL
19 Uhr, Kreuzkirche, Gemeinde Alt-Barmbek, Wohldorfer Straße 30