: Mangelware Fachkraft
ARBEITSMARKT Mehr als 450.000 Fachkräfte gesucht. Senatorin: Das ist eine Chance
Berlin und Brandenburg bleiben Prognosen zufolge für Unternehmen auf lange Sicht attraktive Standorte. Und die Landesregierungen wollen sich darum kümmern, dass interessierte Firmen das nötige Fachpersonal finden. So weit die guten Nachrichten. Die schlechte: Bis Angebot und Nachfrage aufeinander abgestimmt sind, ist es ein weiter Weg. Bis zu 460.000 zusätzliche Fachkräfte würden bis 2030 benötigt, ergab eine am Montag vorgestellte Studie der prognos AG. Auftraggeber waren das brandenburgische Arbeitsministerium und die Senatsverwaltung für Arbeit.
Den größten Bedarf gibt es demnach bei den mathematischen und naturwissenschaftlicher Berufen; auch Erzieher, Lehrer sowie Rechts-und Wirtschaftswissenschaftler würden gebraucht. Gesucht sind akademische und Ausbildungsberufe. Hinter der sich abzeichnenden Lücke steckt zum einen die demografische Entwicklung – so verliert etwa Brandenburg jedes Jahr circa 12.000 junge Menschen zwischen 18 und 30 Jahren. 80 Prozent gehen mit abgeschlossener Ausbildung. Auch die unzureichende Vorbereitung Jugendlicher auf den Arbeitsmarkt spielt eine Rolle; viele überlegen sich zu spät, was sie werden wollen, oder erfahren von manchen Berufen nichts. Im Gegenzug fehlen dem Nachwuchs Motivation und Ehrgeiz.
Junge Leute früh fördern
„Fachkräftegewinnung fängt schon in der Kita an“, sagte dazu Arbeitssenatorin Carola Bluhm (Linke). Das Land wolle seine Bemühungen verstärken, junge Menschen früh gezielt zu fördern, sie überhaupt erst einmal fit für eine Bewerbung zu machen und ihre Interessen herauszufiltern. Sie sei überzeugt, dass Unternehmen künftig um junge Mitarbeiter buhlen müssten und zum Beispiel Hauptschulabsolventen nicht mehr ablehnen könnten.
Nach Ansicht von Bluhms Brandenburger Kollegen Günter Baaske (SPD) werden Firmen auch finanziell attraktiver werden müssen. Gut ausgebildete Kräfte zögen vor allem wegen des Verdienstes Richtung Westen. „Der Einkommensunterschied zwischen Ost und West ist nicht hinnehmbar“, sagte Baaske.
Beide Länder wollen Firmen zudem bei der Fort- und Weiterbildung von Mitarbeitern, bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie bei der Frauenförderung stärker in die Pflicht nehmen. „Alte Hasen sind nicht altes Eisen“, sagte Bluhm. „Wir brauchen einen Mentalitätswechsel hin zu einer Kultur des lebenslangen Lernens.“ Bluhm möchte bei einer Fachkonferenz im Mai einen „Masterplan“ erarbeiten.
Dabei soll es auch darum gehen, Langzeitarbeitslose zurück in den Arbeitsmarkt zu bringen. Das Problem der Arbeitslosigkeit nämlich bleibt, wenn nichts getan wird: Offene Stellen für Qualifizierte auf der einen Seite, Arbeitslose mit schlechten Chancen auf dem Markt auf der anderen Seite. Da geht die Diskussion um Schneeschippeinsätze von Hartz-IV-Empfängern nach Ansicht beider Landespolitiker an den eigentlichen Herausforderungen vorbei. KRISTINA PEZZEI