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Archiv-Artikel

die anderen über den streit um die dänischen mohammed-karikaturen und die gewalttätige eskalation der proteste im nahen osten

Die dänische Zeitung Jyllands-Posten schreibt: Niemand hätte sich in seinen wildesten Fantasien ausmalen können, dass die Angriffe auf die Veröffentlichungen der Mohammed-Zeichnungen in dieser Zeitung in eine Überreaktion münden würden, die zu Volksaufständen führt und gewisse Regimes bedroht. (…) Die Ursachen liegen deshalb auch ganz woanders: Es hat schon lange in den Ländern gebrodelt, die keine oder nur eine schwache Haltung gegenüber dem Vormarsch religiöser Fundamentalisten gefunden haben.

Die französische Libération meint dagegen: Wenn man die Länder betrachtet, in denen die Gewalt am stärksten war – Syrien und Libanon –, dann kommt man nicht um die Annahme herum, dass sie auch den Machthabern zu Pass kommt, die stets auf die antiwestliche Eskalation und den eigenen Opferstatus gesetzt haben, um sich an der Macht zu halten.

Der Kurier in Wien schreibt: So verständlich die Empörung gläubiger Muslime ist – die organisierte Erregung in vielen muslimischen Ländern wirkt grotesk. Für die dortigen Machthaber ist der Konflikt ein willkommener Anlass, scheinheilig von ihren Schwächen und Schwierigkeiten abzulenken. Diese Diktatoren argumentieren mit Menschenwürde und Toleranz, denken aber keine Sekunde daran, solche Werte im eigenen Machtbereich hochzuhalten.

Der Tages-Anzeiger aus Zürich meint: Wieder einmal bestimmen die radikalsten Kräfte das Bild des Islam und spielen damit all jenen in die Hände, die so denken wie die Zeichner der dänischen Karikaturen. Wieder einmal geht die Mehrheit der Stimmen in der muslimischen Gemeinschaft unter, nämlich die, die zu Besonnenheit, Toleranz und friedlichem Protest aufrufen.

The Independent in London meint: Die dänische Zeitung hatte zwar ein Recht auf die Veröffentlichung der Zeichnungen, aber die Karikaturen sind zweifellos beleidigend. Es gibt bessere Wege, Pressefreiheit zu demonstrieren.

In London schreibt The Guardian: Obwohl hinter den Zeichnungen Satire steckt und keine Blasphemie, war ihre Veröffentlichung eine falsche Entscheidung. Sie sind provozierend und spielen in die Hände islamischer Extremisten und Hassprediger.

Der flämische Morgen aus Brüssel meint: Haben in den 30er-Jahren viele Menschen über die Meinungsfreiheit schwadroniert, als in den Medien Karikaturen geldgieriger Juden erschienen? Wer hat die Stimme erhoben, um zu sagen, das der „Spaß vorbei“ sei, als im Ruanda der 90er-Jahre auf Radio Mille Colines „Witze“ über die Tutsi gemacht wurden? Wie absolut ist die Freiheit der Meinungsäußerung? Kontext ist alles.