: USA und China buhlen um Basis
An dem einstigen US-Stützpunkt Cam Ranh in Vietnam, den nach den Amerikanern die Sowjets betrieben, sind jetzt Washington und Peking gleichermaßen interessiert
BERLIN taz ■ 31 Jahre nachdem das US-Militär Vietnam verlassen musste, will es wieder einen seiner größten Luftwaffen- und Marinebasen des Vietnamkrieges pachten. Das zumindest behaupten der vietnamesische Dienst der britischen BBC, vietnamesische Exilmedien und chinesische Staatsorgane. Ein Pentagonsprecher sagte auf Anfrage der taz nur: „Zurzeit gibt es keine Gespräche.“ Ob die USA an der Basis interessiert seien, wollte er weder bestätigen noch dementieren. In Vietnam ist das heikle Thema tabu, solange offiziell nichts entschieden ist.
Vom in Zentralvietnam gelegenen Stützpunkt Cam Ranh Bay aus lässt sich das gesamte südchinesische Meer kontrollieren. Deshalb ist auch China an dem taifunsicheren Tiefseehafen interessiert. Peking geht es dabei auch um die Verhinderung einer weiteren US-Militärpräsenz in seiner direkten Nachbarschaft.
Zwar ist Cam Ranh seit einem Jahrhundert mit Unterbrechungen im Besitz ausländischer Militärs, doch noch nie war der Stützpunkt chinesisch. 1905 wurde Cam Ranh im damals französischen Indochina ein russischer Versorgungsstützpunkt im russisch-japanischen Krieg. 1932 okkupierte Japan den Militärhafen und ergänzte ihn um eine Luftwaffenbasis. In den 60er-Jahren erweiterten die USA Cam Ranh und starteten von hier aus ihre Bombenflüge.
1979 pachtete die Sowjetunion das von den USA verlassene Areal für 25 Jahre. Nach Ende des Sowjetimperiums übernahm Russland die Basis. Vor allem aus wirtschaftlichen Gründen gab Moskau das Areal zwei Jahre eher als vereinbart wieder auf. Das war 2002. Seitdem sucht Hanoi Investoren für das riesige Areal. Ein kleiner Teil wird als ziviler Inlandsflughafen genutzt. Die Kaianlagen sind verwaist.
Ungenannte Hanoier Offizielle verneinten gegenüber der Nachrichtenagentur AFP eine künftige militärische Nutzung von Cam Ranh. Vielmehr sollten inländische Investoren das Areal zivil nutzen. Doch zugleich erklären die Offiziellen, Hanoi wolle 2007 in der nördlichen Hafenstadt Haiphong für 500 Millionen Dollar einen neuen Marinehafen bauen. Dieser solle für Schiffe von bis zu 40.000 Bruttoregistertonnen geeignet sein, was in Vietnam bisher nur Cam Ranh bietet. Warum aber lässt Hanoi einen Militärhafen brach liegen, während es einen neuen baut?
Dass hinter den Kulissen eine militärische Nutzung von CamRanh zumindest verhandelt wird, liegt nahe. Einheimische Journalisten dürfen über das „Staatsgeheimnis“ nicht berichten. Militärisch sind sich die einstigen Kriegsgegner Vietnam und USA nicht mehr ganz fremd: 2005 besuchten zweimal US-Kriegsschiffe Ho-Chi-Minh-Stadt. Peking protestierte.
Die Pachtbegehren für Cam Ranh erreichen Hanoi in einer Zeit heftiger Flügelkämpfe innerhalb der herrschenden Kommunistischen Partei. Sie machen das Land in strittigen außenpolitischen Fragen handlungsunfähig. Die Weichen dürften erst auf dem Parteitag gestellt werden, der aber wegen strittiger Personalfragen schon zweimal verschoben wurde. Einen offiziellen Termin gibt es noch nicht.
Vertreter des prochinesischen Parteiflügels sprachen sich Exilmedien zufolge offen für einen Pachtvertrag mit Peking aus. Dieser Flügel spürt Aufwind, seit Ende 2005 Vietnams Beitritt zur Welthandelsorganisation am Widerstand der USA scheiterte. China ist seitdem Vietnams wichtigster Verbündeter. In Vietnams Bevölkerung ist die Verpachtung des Stützpunkts an die USA wie an China, unter dessen Einfluss Vietnam über Jahrhunderte stand und mit dem es 1979 zum kurzen Krieg kam, gleichermaßen unpopulär. MARINA MAI