LIBANON: DIE INNENPOLITIK BESTIMMT DEN KARIKATURENSTREIT : Die Botschaft der Gottespartei
Nicht zufällig ist es gerade im Libanon zur größten Demonstration gegen die umstrittenen Mohammed-Karikaturen gekommen. Alles deutet auf eine innenpolitische Kraftprobe zwischen Freunden und Gegnern des syrischen Regimes hin. Viele machen Damaskus für die Ermordung des ehemaligen Premiers Rafik al-Hariri und für weitere tödliche Anschläge verantwortlich. An ihrer Spitze stehen der Sunnit Saad al-Hariri und Drusenchef Walid Dschumblat. Beide Politiker haben monatelang um die Gunst der jetzt offen prosyrischen Hisbollah geworben, doch diese Rechnung ist nicht aufgegangen. Die Gottespartei, die bisher unter allen Libanesen eine gewisse Achtung genoss, weil sie am Bürgerkrieg nicht beteiligt war und bei der Befreiung des Südlibanons von israelischer Besatzung eine zentralen Rolle spielte, blieb in ihrer alten Ideologie und ihren regionalen Allianzen gefangen.
Das antisyrische Lager, das im Parlament die Mehrheit stellt, und das schiitische Bündnis aus Hisbollah und Amal-Bewegung liegen schon lange im Streit über das Verhältnis zu Syrien und die UN-Resolution 1553, die die Entwaffnung aller Milizen im Libanon verlangt. Doch seit sich die Konflikte zwischen den USA und den Regimen in Teheran und Damaskus zugespitzt haben, ist die Hisbollah zum Gegenangriff übergegangen. Nach der Ermordung des Journalisten Gibran Tuaini ergriff sie aggressiv Partei für das syrische Regime, was zum offenen Bruch mit fast allen anderen politischen Kräften in Libanon geführt hat.
Die Hisbollah ist daran gescheitert, sich in eine libanesische Partei zu verwandeln. Ihre Abhängigkeit von Iran und Syrien droht den Libanon zu destabilisieren. Die Aussicht, dass ihre Waffen im Falle eines Angriffs der USA oder Israels auf iranische Atomanlagen zum Einsatz kommen könnten, ist für viele Libanesen ein Albtraum. Noch größer ist die Angst, dass die Hisbollah ihre militärische Stärke als Trumpfkarte im Inneren einsetzen könnte. Bislang schwor Hisbollah-Chef Hassan Nassrallah, dazu werde es nicht kommen. Doch die antidänischen Ausschreitungen verstärken die konfessionellen Spannungen. ABDEL HUSSEINI