: Verwaltung außer Kontrolle
Landesrechnungshof rügt Geldverschwendung in Hamburger Verwaltung. Effizienz- und Kostenkontrolle liegt im Argen. Computersysteme verstauben ungenutzt, Polizei hat zu viele Dienstwagen, die Lebensmittelkontrolle funktioniert schlecht
Von Marco Carini
Ineffektiv, unwirtschaftlich, außerhalb jeder Effizienzkontrolle – so arbeiten, nach Auffassung des Landesrechnungshofes, zumindest Teile der Hamburger Verwaltung. In seinem gestern veröffentlichten Jahresbericht legte das Kontrollgremium eine Liste ausgewählter Verschwendungssünden vor. Allein die „stichpunktartige Prüfung ausgewählter Bereiche“ habe „Einsparpotenziale von mehr als 20 Millionen Euro erbracht“, lautet das Fazit von Rechnungshof-Chef Jann Meyer-Abich.
Der größte Kritikpunkt: Die fehlende Kosten- und Effizienzkontrolle in vielen Verwaltungsbereichen. So gibt es in der Personalverwaltung Sachbearbeiter, die 270 staatliche Mitarbeiter betreuen, während andere gerade mal 80 Staatsbedienstete schaffen. Würde die vom Senat beschlossene „Fallquote“ von 222 Staatsbediensteten pro Sachbearbeiter eingehalten werden, könnte die Stadt jährlich 4,4 Millionen Euro sparen.
Nicht anders sieht es bei den 60 staatlichen Lebensmittelkontrolleuren aus. Einige Prüfer schaffen dreimal so viel Kontrollen wie ihre Kollegen, einige Bezirke verfolgen 20-mal mehr Hygieneverstöße als andere. Meyer-Abich: „Die Kontrollintensität schwankt von Bezirk zu Bezirk stark, und einige Kontrolleure sind nicht ausgelastet.“
Verschwendung gibt es nach Auffassung des Rechnungshofes auch beim Computereinsatz in den Behörden. Unwirtschaftliche Verträge mit Hardwareanbietern, untaugliche Software und ungenutzte Kapazitäten bestimmen hier das Bild. So wurde 2001 ein 450.000 Euro teures Computerprogramm für die so genannte Derivatverwaltung angeschafft, das bis heute nicht zum Einsatz gekommen ist.
Aber auch bei Schulen und Polizei lassen sich laut Rechnungshof Millionenbeträge einsparen. So sei die Fortbildung der Lehrer ineffektiv. Die Kontingente seien überhöht, der konkrete Bedarf nirgends nachgewiesen und die Fortbildungseinrichtungen unausgelastet. Hier könnten nach Berechnungen der Prüfer allein zehn Millionen Euro eingespart werden.
Zu mobil ist für Meyer-Abich die Hamburger Polizeiführung. Obwohl ein Senatsbeschluss verbindlich festlege, das allein dem Polizeipräsidenten ein Dienstwagen zustehe, würden in der Praxis gleich 16 Polizeiführungskräfte in den Genuss eines Dienstfahrzeugs kommen. Begründet werde das mit der „ständigen Rufbereitschaft“ für die Polizeioberen. Warum das auch für den Leiter der Polizeiverwaltung und der polizeilichen Computerverwaltung gelten soll, kann Meyer-Abich „nicht nachvollziehen“. Doch hier soll nun Abhilfe geschaffen werden.
Für den Bund der Steuerzahler zeigt der Bericht deutlich „den sorglosen Umgang mit personellen und materiellen Ressourcen“ und die „mangelhafte Organisation der Arbeitsabläufe“ in vielen Verwaltungsbereichen auf. „Bemerkenswert“ findet der GAL-Fraktionsvize Willfried Maier, dass der Rechnungshof „nach über zwölf Jahren Haushaltskonsolidierung noch Einsparmöglichkeiten in der Verwaltung aufdecken“ könne. Und CDU-Wirtschaftsexpertin Barbara Ahrons verspricht: „Wir werden aus der Kritik die richtigen Konsequenzen ziehen.“
Gespart wurde übrigens in der Staatlichen Pressestelle. Die Einladung für die Pressekonferenz des Rechnungshofes erreichte kaum eine Redaktion. Sichtlich verärgert musste Meyer-Abich fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit seinen Jahresbericht zum Besten geben.