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Archiv-Artikel

Urlaub zum Quadrat

KLEINSTRAUMWOHNEN Vor allem jüngere Berlinbesucher mögen es, auf drei mal drei Metern zu übernachten

Komische Namen bei der Fête

■ Namen von Bands sind allemal eine Geschmackssache. Aber mehr als nur Schall und Rauch. Beziehungsweise rauchen manchmal ganz mächtig. The Toten Crackhuren im Kofferraum klingt doch bereits heftig nach auf Krawall gebürstet. Die Pop-Punkerinnen spielen bei der Fête zur Nacht hin auf der Rosi’s-Bühne in der Revaler Straße 29. Dort, wo die recht kryptisch zu lesenden U*N*S* (wie soll man das eigentlich nun aussprechen?) um 16 Uhr das Programm starten: „Der Klang. Die Erlösung. Das Gegengift“ lautet deren Werberatschlag.

VON CHRISTIAN OTT

Helene schließt die Tür zu ihrem Wohnwürfel auf. Es riecht nach Holz. Zwei Betten stehen rechts und links an der Wand, das dritte hängt am Kopfende des Raums in Brusthöhe an der Wand. Die 25-Jährige ist mit Moritz (26) und einer Freundin aus München gekommen. Sie wollen am Abend das Konzert der russischen Band DDT zu besuchen. „Die waren in den Neunzigern sehr populär, haben aber aktuell in Russland Auftrittsverbot. Wir brauchten günstig eine Unterkunft, und das Scube ist zentral gelegen“, sagt Helene. Durch die Glasseite des Würfels fällt viel Licht in den kleinen Raum. „Cool!“, sagt Helene spontan. Ihr gefällt das Wohnen auf zwei Ebenen, dass sie mit ihren Freunden ein eigenes Haus hat und ihr kein Nachbar zu dicht auf die Pelle rückt.

Besser als Luftmatratzen

Seit knapp einem Jahr gibt es den Scube Park am Columbiadamm. 30 Wohnwürfel stehen auf dem umzäunten Rasen neben dem Sommerbad Neukölln, hohe Bäume drumherum. Die Kleinstwohnhäuser mit drei mal drei Meter Grundfläche bieten einer bis vier Personen Platz. Die Eingangsseite ist verglast, Gardinen schützen vor Blicken. Wie beim Zelten sind Toiletten, Duschen, Waschmaschine und Aufenthaltsraum in einem Haupthaus untergebracht. „Aber die Betten sind bei uns besser als Luftmatratzen“, sagt Tanja Rathmann. Die 30-Jährige ist eine der drei Scube-GründerInnen und hat die Finanzen im Blick: „Wir stellen jetzt im Sommer noch zehn weitere Würfel auf, dann können wir rentabel arbeiten.“

Bislang hätten sie nämlich mit Krediten und Fördergeldern gewirtschaftet – und mit viel Eigenleistung, für die es kein Gehalt gab: Marius Jast hat die Konstruktion der Würfel immer weiter verbessert. Unter anderem hat er die Holzwände immer dicker gemacht, weil das gegen Kälte, aber auch gegen Sommerhitze besser isoliert. Und Markus Haas kümmert sich um den Vertrieb. Denn die Würfel an sich seien auch für andere Urlaubsanbieter interessant, sagt Haas: „Wir werden noch dieses Jahr 120 Stück nach Marokko liefern und 80 nach Gibraltar. Die gehen an ein Unternehmen, das sonst seine Besucher in Zelten unterbringt.“ Und bald werde es den ersten Wohnwürfel aus Plastik geben, erklärt Haas, „besser isoliert, das heißt, leichter zu heizen, und wasserdicht, also auch für Überschwemmungsgebiete geeignet“. Spätere Modelle sollen faltbar sein, um den Transport zu vereinfachen.

Die Scube-Macher wollen auch expandieren, mit sieben Stationen entlang des Radwegs von Berlin nach Usedom, sagt Rathmann: Alle 30 bis 40 Kilometer ein Park mit Wohnwürfeln, wie in Berlin neben einem öffentlichen Bad oder einer Kanustation, um vorhandene Infrastruktur zu nutzen. „Wir wollen uns dort ansiedeln, wo es bereits Toiletten und Personal gibt. Wir sorgen dann für eine bessere Auslastung, das ist für beide Seiten von Vorteil“, sagt Rathmann. Mikrohäuser als temporäre Unterkünfte bei Bedarf – diese Idee hatten die Scube-Gründer schon 2006, als während der Fußballweltmeisterschaft günstige Hotelbetten knapp waren. Inzwischen haben sie ein Unternehmen daraus gemacht.

Erst vor einer Woche hat sich die 29-jährige Lisa mit ihrem Freund zu einem viertägigen Kurzurlaub in Berlin entschlossen. Der war im Internet zufällig auf Scube gestoßen, die Würfel machten einen gemütlichen Eindruck auf sie. „Und der Park hat eine gute Lage für die Stadtbummel, die wir machen wollen.“

Eben waren noch die Vögel in den Bäumen zu hören, wie sie gegen den Verkehr auf dem Columbiadamm antirilierten. Jetzt hat ein DJ seine Anlage aufgestellt und übertönt sie mit loungigen Beats

Das war auch für die 35-jährige Susann der Grund, sich für Scube zu entscheiden: Sie besucht Freunde in Neukölln. Leonie (21) und Sonja (22) sind aus Detmold nach Berlin gereist, „für die Uni“. Sie wollen sich Künstlerresidenzen anschauen. Für die beiden Studentinnen war der günstige Preis ausschlaggebend, bei Scube zu buchen.

Eben waren noch die Vögel in den Bäumen zu hören, wie sie gegen den Verkehr auf dem Columbiadamm antirilierten. Jetzt hat ein DJ seine Anlage aufgestellt und übertönt sie mit loungigen Beats. Am Abend soll an elf Bierzelttischen und -sitzbänken unter den grünen Bäumen im Eingangsbereich des Scube Parks die Party steigen. Dann wird auch wieder das Lagerfeuer angezündet. „Der DJ ist die Ausnahme, aber freitags machen wir immer ein Lagerfeuer,“ sagt Rezeptionist Hannes (37). „Irgendwer hat immer eine Gitarre dabei, und wir machen dann eine Folkmusic-Session.“

Ein älteres Ehepaar schaut interessiert in den Wohnwürfel, der gleich am Eingang steht und als Schauexemplar dient. „Wir bekommen oft spontan Besuch aus Frankreich, da wollten wir mal gucken, ob das hier was als Unterkunft wäre“, sagt die Frau. Von der Größe und den Betten sind sie angetan. Aber einen Kritikpunkt hat der Mann doch: „Da ist ja kein Schrank drin. Ob das was ist?“

■ Scube Park am Columbiadamm 160, 10965 Berlin, Telefon 030 69 80 78 41, www.scube-parks.de. In der Hauptsaison kostet ein Würfel mit ein bis vier Betten 59 bis 99 Euro