: Ein neues Gesicht fürs Evangelium
KÄSSMANN-NACHFOLGE Die Hannoversche Landeskirche kürt den Lüneburger Regionalbischof Hans-Hermann Jantzen als Übergangslösung. Endgültig über Neubesetzung entscheidet die Synode
Einen Tag nach Margot Käßmanns Rücktritt als Landesbischöfin und EKD-Ratsvorsitzende hat sich die Hannoversche Landeskirche bereits mit der Nachfolge beschäftigt. Am Nachmittag trat gestern der Kirchensenat – eine Art „runder Tisch“ verschiedener Kirchenorgane – zusammen, um zumindest eine Interimslösung zu finden. Im Vorfeld hatte es so ausgesehen, als könne das schwierig werden. Am Ende konnte man dann aber doch einen Namen präsentieren: den Lüneburger Regionalbischof Hans-Hermann Jantzen.
Dieser hatte zuvor selbst betont, was für einen großen Verlust Käßmanns Rücktritt bedeute. Unterstützung solle der 64-Jährige auch aus anderen Sprengeln erhalten, hieß es gestern.
Käßmann habe „dem Evangelium in der Öffentlichkeit und in gesellschaftlichen Fragen Stimme und Gesicht gegeben“, hatte der Osnabrücker Regionalbischof Burghard Krause festgestellt. Wer ist nun dieses „neue Gesicht“? Jantzen studierte von 1965 bis 1970 evangelische Theologie in Göttingen und Tübingen. 1973 übernahm er seine erste Pfarrstelle in Lehrte bei Hannover, wo er bis 1980 blieb. 1986 wurde Jantzen Pastor an der Petrikirche in Göttingen und zugleich Superintendent für Göttingen-Nord. Seit 1997 ist er Landessuperintendent der Landeskirche Lüneburg.
Das Besetzungsverfahren sah nun vor, dass der Kirchensenat zum Übergang einen Bischofsvikar oder eine Bischofsvikarin bestimmt – das hätte nur werden können, wer Landessuperintendent ist und zugleich Mitglied im Kirchensenat. Neben Jantzen kam da nur noch Ingrid Spieckermann infrage, bislang Vertreterin Käßmanns im Sprengel Hannover. Den endgültigen Nachfolger muss in jedem Falle die Landessynode wählen, die etwa alle zwei Jahre tagt.
Nach dem Landesbischofsgesetz ist Käßmanns Rücktritt wie eine Entlassung zu bewerten. Innerhalb eines Jahres kann sie eine Pfarrstelle oder ein anderes kirchliches Amt übernehmen. Dass die 51-Jährige wieder als „einfache Pastorin“ auf eine Pfarrstelle geht, gilt aber als ausgeschlossen.
Ihre Bezüge als Landesbischöfin bezieht Käßmann übergangsweise weiter. Zunächst darf sie auch in ihrer Wohnung über der bischöflichen Kanzlei bleiben.
Schwierig wird wohl auch die Suche nach einem Nachfolger an der Spitze der EKD: Interims-Nachfolger Nikolaus Schneider geht in zwei Jahren in Ruhestand. Auch die populäre Hamburger Bischöfin Maria Jepsen findet sich selbst mit 65 Jahren „zu alt“. Darüber hinaus sind Experten zufolge Kandidaten rar.
Vielen Gläubigen in Hannover wäre es wohl am liebsten, die Suche nach einer Nachfolge wäre unnötig: Auch gestern trugen etliche Besucher ins Gästebuch der hannoverschen Marktkirche Appelle wie diesen ein: „Frau Käßmann, bitte treten Sie von Ihrem Rücktritt zurück!“ LUKAS SANDER
➤ Inland SEITE 6
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen