: Die schwierigste Wahl der Welt
Wann der Kongo tatsächlich abstimmen kann, ist unklar. Bisher gibt es weder Wahlgesetze noch Stimmzettel
BERLIN taz ■ Am 30. Juni 2006 endet die Amtszeit der Übergangsregierung aus den ehemaligen Kriegsführern des Kongo. Bis dahin müssen also Wahlen stattfinden – in einem verwüsteten, verarmten Land, das 60 Millionen Einwohner und die Größe Westeuropas hat, aber keine Überlandstraßen. Wahlkommission und UN-Mission halten die Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo für die schwierigsten, die es auf der Welt je gegeben hat.
Die Volksabstimmung über eine neue Verfassung für den Kongo am 18. Dezember 2005 war ein erster, erfolgreicher Test. Ein friedlicher Verlauf, keine technischen Probleme, kein Streit um das Ergebnis – das macht Hoffnung. Doch bei Präsidentschafts-, Parlaments- und Provinzwahlen geht es um die Macht. Das Referendum war ein „Spaziergang“, so Albrecht Conze, Vizedirektor der politischen Abteilung der UN-Mission im Kongo. Die Wahlen selbst seien „Fieberpunkte“.
Noch stehen technische Herausforderungen im Vordergrund. Nach dem Referendum dauerte es sechs Wochen, bis Kongos Oberstes Gericht das Ergebnis bestätigte. Die Verfassung ist daher immer noch nicht in Kraft. Doch erst wenn sie gültig ist, kann Kongos Parlament Wahlgesetze verabschieden. Als nächster Schritt können dann Kongos Parteien Kandidaten aufstellen. Erst danach kann die Wahlkommission Wahlzettel in Auftrag geben.
Die Ende 2005 genannten Wahltermine im April 2006 sind bereits vom Tisch. „Wir können froh sein, wenn die Wahl dieses Jahr passiert“, sagt Ingo Badoreck, bis Ende 2005 Vertreter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kinshasa, die die Wahlvorbereitung im Kongo begleitet. Nun drücken die Akteure aufs Tempo. Der Präsident der Unabhängigen Wahlkommission, Apollinaire Malu-Malu, rechnet mit einer Verabschiedung des Wahlgesetzes durch das Parlament kommende Woche. Am morgigen Samstag soll Staatschef Joseph Kabila die neue Verfassung feierlich in Kraft setzen. Am 15. Februar soll die Wählerregistrierung auch in den hintersten Ecken des Landes abgeschlossen sein.
Doch schon winken neue Probleme. Oppositionelle sind empört, weil Präsidentschaftskandidaten eine nicht rückzahlbare Kaution von 50.000 Dollar hinterlegen müssen. Im ärmsten Land der Welt schließt das alle aus, die nicht schon zur Elite gehören. Und gestern beschloss die Wahlkommission, dass die Wahlzettel alle Listenkandidaten mit Namen und Bild enthalten müssen. Denn für die Parlamentswahl hat das Parlament das Prinzip der „offenen Listen“ beschlossen, in dem die Wähler einzelne Kandidaten verschiedener Parteien kombinieren können, so wie bei Landtagswahlen in Baden-Württemberg. „Für Kinshasa bedeutet das Wahlzettel mit 400 Namen“, sagt ein UN-Experte verzweifelt und meint, jetzt werde alles noch viel länger dauern. DOMINIC JOHNSON