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Archiv-Artikel

Gelenkter Blick

Ute Wrocklage analysiert in der Galerie Morgenland die Erinnerung prägende Wirkung von Fotos aus Auschwitz

Auschwitz – der Name steht weltweit als Synonym für das gesamte System der Konzentrationslager und für die nationalsozialistische Vernichtungsmaschinerie. Der hier verübte Massenmord wird auf den „offiziellen“ Fotos, die auf dem Lagergelände entstanden, vollständig ausgeblendet. Sie zeigen vielmehr das Gelände, Gebäude und „Arbeitsabläufe“ im KZ-Alltag, wie die Selektionen an der Rampe. Gerade diese Bilder in ihrer scheinbaren Objektivität sind aber zentrale Medien im Erinnerungsdiskurs zu Nationalsozialismus und Shoah geworden.

Die Kunst- und Fotohistorikerin Ute Wrocklage wird sich jetzt in einem Diavortrag in der Galerie Morgenland exemplarisch den verschiedenen Identitäten der Fotos aus Auschwitz als Quelle, Symbol und Medium annähern. Die Veranstaltung ist Teil der Reihe „(Be)schweigen und Erinnern“. Zum 61. Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz werden noch im Februar und März weitere Veranstaltungen zum Nationalsozialismus in Hamburg und zu Positionen der deutschen Erinnerungskultur stattfinden.

Mit der Wirkung von Bildern und den Intentionen ihrer Veröffentlichung beschäftigt sich Ute Wrocklage bereits seit Jahren. Sie ist Mitbegründerin des Geschichtsservice „Clio&Co.“ und arbeitet zur offiziellen SS-Fotografie der Konzentrationslager von 1933 bis 1945. Sie war unter anderem beteiligt an der Ausstellung „Representations of Auschwitz“ in Krakau, hier mit dem Schwerpunkt der Bildberichterstattung über die Vernichtungslager Majdanek und Auschwitz.

Ute Wrocklage wird neben Bildern aus Presseberichten auch Fotos präsentieren, die zu Dokumentationszwecken von der SS aufgenommen wurden und bis heute das Bildgedächtnis zu Auschwitz prägen. Den Bildern der Täter wird sie auch die wenigen Beispiele des „anderen Blickes“ auf Auschwitz gegenüberstellen: Häftlinge, die Mitglieder des Sonderkommandos im Krematorium waren, konnten vier illegale Aufnahmen in Auschwitz-Birkenau machen und aus dem Lager schmuggeln. Diese Fotos wurden zu Symbolen für das Engagement der polnischen Widerstandsbewegung.

Fotografien aus Auschwitz sind also nie nur bildhafte Wiedergabe einer Realität: Eine Interpretation ihrer Entstehung und ihrer Überlieferungsgeschichten kann sie uns als visuelle Medien im Erinnerungsdiskurs erschließen und die Erinnerung damit lebendig halten.

Maren Vosshage

Do, 16.2., 19.30 Uhr, Galerie Morgenland, Sillemstraße 79