: Ein unbefriedigender Zustand
SOZIALES Bremen behandelt minderjährige Flüchtlinge weiterhin oft wie Erwachsene. Das geht aus einem Bericht der Sozialdeputation hervor
Nicht entspannt hat sich aus Sicht der Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) die Lage der minderjährigen Flüchtlinge, die alleine nach Bremen geflohen sind. Dies schreibt sie in einem aktuellen Bericht der Sozialdeputation. Zwar gebe es zusätzliche Einrichtungen und mehr Pflegefamilien, die die Kinder und Jugendlichen aufnehmen können. Aber gleichzeitig bleibe es bei „einem kontinuierlichen Zustrom unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge“. Alleine in den ersten vier Monaten des Jahres kamen mehr als halb so viele Jugendliche wie im gesamten Vorjahr. Dabei waren es 2012 mit 97 Minderjährigen schon mehr als doppelt so viele wie 2011.
Die Sozialsenatorin erwartet nach eigenen Angaben, dass Bremen „weiterhin zu einem bevorzugten großstädtischen Zufluchtszentrum“ gehöre. Eine weitergehende Prognose lasse sich „nicht seriös aufstellen, da sich die Entwicklung nicht nur in den Krisengebieten, sondern auch auf den ‚Fluchtrouten‘ in einzelne Kommunen und Bundesländer sehr unterschiedlich darstellt“. Zum Vergleich: In Hamburg stieg die Zahl minderjähriger Flüchtlinge von 191 im Jahr 2009 auf 623 im vergangenen Jahr – mehr als sechsmal so viele wie in Bremen.
Mit diesem Verweis auf fehlende Prognosemöglichkeiten will die Sozialsenatorin erklären, warum es in Bremen auf absehbare Zeit immer weniger Betreuungsplätze für die Flüchtlinge geben wird, als aktuell benötigt. Folge: Auch in Zukunft müssen viele der Jugendlichen länger als vorgesehen in der zentralen Aufnahmestelle (Zast) in Habenhausen leben. Dies entspricht laut Sozialsenatorin „nicht den gewünschten jugendhilferechtlichen Standards“ und sei ein „ausgesprochen unbefriedigender Zustand“. Wie berichtet, sucht die Sozialbehörde aber Räume für eine Clearingstelle, wo die Neuankömmlinge übergangsweise untergebracht werden, bis feststeht, wo sie dauerhaft wohnen können.
Verbessert hat sich aus Sicht der Sozialsenatorin die Betreuungssituation in der Zast. Anders als in einer Jugendhilfeeinrichtung sind PädagogInnen dort aber nach wie vor nicht rund um die Uhr vor Ort, sondern nur zu Sprechzeiten. Jeder Jugendliche habe dort mittlerweile „einen Bezugsbetreuer oder eine Bezugsbetreuerin“, unterrichtet sie die Deputation. Diese stünden zur Unterstützung bei Eingliederungsfragen aber auch individuellen Problemen bereit.
Der Darstellung widersprechen indes MitarbeiterInnen von Flüchtlingsinitiativen und auch von Refugio, dem Therapiezentrum für Flüchtlinge, das auch Minderjährige behandelt. Noch im Mai hatte dessen Leiterin Ingrid Koop darauf hingewiesen, dass oft genug sie und ihre MitarbeiterInnen genau diese Aufgaben übernehmen. EIB