: Kein Recht auf Vergessen
NETZ Wer sich googelt, der bekommt bisweilen Dinge angezeigt, die man am liebsten löschen will. Gibt es ein generelles Recht, solche Links kappen zu lassen? Der Generalanwalt des EU-Gerichtshofes sagt Nein
LUXEMBURG dpa | Google hat vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg einen wichtigen Etappensieg im Streit um ein „Recht auf Vergessenwerden“ im Internet errungen. Der Generalanwalt des Gerichts vertrat in einem am Dienstag veröffentlichten Gutachten die Ansicht, eine nationale Datenschutzbehörde könne einen Internet-Suchmaschinenbetreiben nicht zur Entfernung von Informationen aus seinem Index zwingen. Auch enthalte die EU-Datenschutzrichtlinie kein allgemeines „Recht auf Vergessenwerden“.
Das höchste EU-Gericht folgt nicht immer, aber meistens dem Gutachten des Generalanwalts. Das Urteil des Gerichtshofs wird in einigen Monaten gesprochen. Im vorliegenden Fall klagte ein Spanier, der einen Suchtreffer löschen lassen wollte: Wer seinen Namen googelt, bekommt noch heute angezeigt, dass es bei dem Mann im Jahr 1998 zu einer Pfändung kam. Damals hatte eine Zeitung eine entsprechende öffentliche Bekanntmachung auch im Internet publiziert.
In einem wichtigen Punkt mussten die Google-Anwälte jedoch eine Schlappe einstecken: Sie argumentierten, dass die Daten außerhalb der EU verarbeitet werden und deshalb nicht dem Recht der EU unterlägen. Dem widersprachen die EuGH-Gutachter. Nationale spanische Datenschutzbestimmungen seien durchaus anwendbar, weil Google eine Niederlassung in Spanien habe und sich auch mit seiner Werbung an Spanier richte. US-Unternehmen wie Google und Facebook hatten immer wieder die Zuständigkeit des nationalen Datenschutzes in EU-Staaten in Frage gestellt.
Der Generalanwalt betonte, nationales Recht könne zwar dazu führen, dass Webseiten mit illegalem Inhalt nicht angezeigt würden. Falls jedoch von Suchmaschinen verlangt werde, in die Öffentlichkeit gelangte „legitime und rechtmäßige Informationen“ zu unterdrücken, so sei das ein Eingriff in die Freiheit der Meinungsäußerung.
Google sei laut EU-Datenschutzrichtlinie nicht verantwortlich dafür, dass personenbezogene Daten auf den jeweiligen Webseiten gemäß der Richtlinie verarbeitet werden. Google könne nicht einmal zwischen personenbezogenen und anderen Daten unterscheiden. Deshalb könne auch eine nationale Datenschutzbehörde die Suchmaschine nicht verpflichten, bestimmte Informationen zu entfernen.
Die EU-Richtlinien enthalten laut Gutachten kein generelles „Recht auf Vergessenwerden“. Nur wenn Daten unvollständig oder schlicht falsch sind bestehe ein Recht, sie berichtigen, löschen oder sperren zu lassen, was aber im konkreten Fall nicht das Problem sei. Grundsätzlich habe zwar jeder das Recht, der Verarbeitung von Daten, die einen selbst betreffen, zu widersprechen. Eine „subjektive Präferenz“ stelle jedoch „keinen überwiegenden, schutzwürdigen Grund“ dar, soll heißen: Keine Person ist berechtigt, die Verbreitung von Informationen über seine Person zu verhindern, nur weil sie einem nicht passen.