Nimm mich geht nicht

Premiere an der Deutschen Oper: „Arabella“ von Richard Strauss unter der Regie von Chefregisseur Alexander von Pfeil. Nur ist diesem wenig zu Strauss’ Stück eingefallen

Michaela Kaune konnte die Aufführung mit ihrer klangvollen Stimme nicht retten

Michaela Kaune hat eine mächtige, klangvolle Stimme, die sie mit großer Kunst zu modulieren weiß. Zu Recht galt ihr am Sonntagabend der einhellige Applaus des Premierenpublikums an der Bismarckstraße. So ganz von Herzen kam der Beifall dennoch nicht, denn auch ihr gelang es nicht, diese Aufführung zu retten. Schrecklich allein gelassen von allen guten Geistern und barfuß im Pelzmantel steht sie am Ende auf der Bühne, von der man gar nicht wusste, wie groß und leer sie sein kann. Zu allem Unglück schneit es auch noch Papierschnitzel, der Verlobte liegt zerknirscht an der Rampe, sie muss ihn wieder aufrichten um das finale Duett anzustimmen, das vom milden Glück der gereiften, verzeihenden Liebe spricht. „Nimm mich, wie ich bin“, werden ihre letzten Worte sein, nur weiß man da noch immer nicht, wer diese Arabella ist, die schöne Tochter des bankrotten, spielsüchtigen Rittmeisters Waldner. Ein Mädchen, das von der großen Liebe schwärmt? Oder eine selbstbewusste junge Frau, die ganz unromantisch ihren eigenen Vorteil sucht?

Für den Librettisten Hugo von Hofmannsthal müsste sie wohl beides sein, in einer sehr wienerischen Ironie, in der ein schönes Gefühl glücklicherweise auch ein schönes Häufchen Geld einbringt, aber Richard Strauss war nun mal kein Meister subtiler Charakterstudien. Er mochte es lieber bunt und deftig. Was er seiner Arabella an Noten hinterließ, ist solides Handwerk, das Kaune so prachtvoll singt, wie es sich gehört, obwohl der Dirigent Ulf Schirmer immer etwas zu viel auf die Tube drückt, aber um daraus eine Oper zu machen, müsste der Regie einiges einfallen. Das war wohl immer schon so, und heute erst recht. Das Werk, 1933 in Dresden uraufgeführt, bringt wenig mit, das heute noch Interesse verdient: Ein alter Schmöker mit ein paar hübschen Einfällen, den man spielen kann, aber nicht muss. Wenn man es tut, muss man es können.

Alexander von Pfeil, von Intendantin Kirsten Harms soeben zum Chefregisseur des Hauses ernannt, kann es nicht. Sein Bühnenbildner Bernd Damowsky, auch ein alter Bekannter von Harms aus ihrer Zeit an der Kieler Oper, hat ihm eine jugendstilartige Grotte hingestellt, von der die Farbe abblättert. Statt Personen zu zeichnen, lässt er darunter Autos auffahren. Natürlich werden sie sofort ausgebuht, von einer Provokation aber keine Rede. Sie demonstrieren einfach nur einfallslose Dummheit.

Dass Jean Luc Chaignaud seine Rolle des reichen Großbauern Mandryka mit lauter verschmierten und falschen Tönen zu Grunde richtet, könnte noch als Unfall entschuldigt werden, wäre da nicht dieses trostlose, immergleiche Bild, in dem jede noch so gut gemeinte Anstrengung des übrigen Ensembles scheitert. Nicht die Andeutung einer plausiblen Idee, da stellt sich die Frage nach der Intendanz. Denn schon wieder ist die Krise des Hauses offensichtlich.

NIKLAUS HABLÜTZEL

Nächste Vorstellungen: 16. und 19. 2.